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Keine Hochzeitstorte für Sarah Seelenfänger

Unter dem Pseudonym „Chris Abraham“ hat Christian Abrahamczik den Urban-Fantasy-Roman „Schattenherbst“ veröffentlicht. Seine einstige Lektorin fragt ihn nach seinen Erfahrungen mit dem Schreiben als kreativen Prozess, Self-Publishing und dem Buchmarkt.

Christian, dein Buch „Schattenherbst“ aus der Reihe „Sarah Seelenfänger“ ist seit Oktober veröffentlicht. Was ist das für ein Gefühl, sein „Baby“ endlich in den Händen zu halten?

Das ist schon ein sehr gutes Gefühl. Ich habe lange an diesem ersten Band geschrieben, insgesamt mit allen Überarbeitungen sieben Jahre. Vor drei Jahren habe ich es dann bei dir ins Lektorat gegeben. Jetzt ist es als eBook und Taschenbuch erhältlich.

Die Geschichte fängt damit an, dass die Heldin, die 15-jährige Sarah, ihr Kaninchen „Timmy“ umbringt. Sie möchte beobachten, wie eine Seele einem toten Lebewesen entweicht. Ihre überforderten Eltern schicken sie in die Psychiatrie. Ist Sarah pervers?

Nein, pervers ist Sarah nicht. Sie ist anders. Seit ihrer frühen Kindheit sieht sie Geister und Seelen. Das ist ihre Gabe – das, was sie zu jemand Besonderem macht.

In der Psychiatrie lernt sie die gleichaltrige Sophie kennen, die sich wegen Missbrauchserfahrungen umbringen will. Zuerst ist Sarah fasziniert davon, dem Selbstmord der anderen zuzusehen. So würde sie das Leuchten ihrer Seele wahrnehmen können, die das Weite sucht. Doch dann stärkt sie deren Überlebenswillen…

Christian: Ja genau. Die freundschaftlichen Gefühle überwiegen. Dazu habe ich eine passende Textstelle: Sophie: „Wie soll ich all die grauenhaften Bilder aus dem Kopf bekommen? […] Ich kann so nicht weiterleben.“ Sarah dachte kurz nach. Ruckartig sah sie auf. „Mach Wut draus. Lerne, deine Eltern zu hassen, für das, was sie dir angetan haben. Die Wut macht dich stark. […] Entweder du nimmst die Bilder und schmiedest eine Höllenwut daraus, oder du bringst dich hier und jetzt um. Es ist deine einzige Chance!“

Du zeichnest starke Frauenfiguren! Dann gibt es noch einen finsteren, aber charismatischen Psychiater, Stefan. Der versucht, sich Sarahs Gabe zu ermächtigen, indem er sie in sich verliebt macht und sie unter Drogen setzt.

Auch dazu habe ich eine Textstelle. Stefan gibt Sarah eine Pille mit den Worten: „Das ist eine Droge, die dich direkt in deinen eigenen Kopf schleudert. Es ist sowas wie die Instant-Suppe der tiefsten Hypnose. Einwerfen, sich lösen und genießen.“ […] Das Mädchen sah unbehaglich auf die Pille. „Vertrauen, Sarah.“ Stefan sah sie mit blauen Augen an. „Glaub an uns, sonst kommen wir nicht weiter.“

Stefan stellt sich als Schattenspieler heraus, der die Gabe hat, Tote zu lenken. Sophie versucht, ihre Freundin aus seinem Bann zu ziehen: „Ach, er lässt eine Zombieratte auferstehen und schon findest du ihn gruselig? Ist das nicht ein bisschen spießig?“ Das Buch ist nicht nur spannend und gruselig, sondern auch witzig. Besonders durch die schlagfertigen Dialoge zwischen Sophie und Sarah. Es scheint, als ob du viel Sympathien für Außenseiterinnen hast.

Über die eigentlich alle Menschen gibt es etwas zu berichten, aber Außenseiter bieten natürlich mehr Stoff, wenn man etwas erzählen und eine Geschichte daraus machen will.

Sophie und Sarah entkommen Stefan nur knapp. Auf ihrer Flucht aus der Psychiatrie haben sie es mit der gut organisierten Bande der Schattenspieler zu tun. Sie selbst entdecken immer mehr, was für Fähigkeiten in ihnen schlummern. Schließlich treffen sie auf andere Seelenfänger. Mehr wird nicht verraten. Welchem Genre ordnest du deinen Roman zu?

Dark Fantasy und Urban Fantasy. Dark hat düstere Themen mit Elementen des Horrors. Bei Urban Fantasy handelt es sich um Geschichten, die in der uns bekannten Realität spielen, die aber um Fantasy-Elemente bereichert ist. Auf einmal kommen in der Welt, wie wir sie kennen zum Beispiel Menschen mit übersinnlichen Fähigkeiten vor – wie die Gruppe der Seelenfänger und deren Feinde, die Schattenspieler.

Was Sarah erlebt, wenn sie in ihren eigenen Seelenraum abtaucht, hat teilweise spirituelle Dimensionen. Oder empfinde ich das nur so? Meditierst du?

Christian (lacht): Ich würde gerne meditieren, aber ich konnte mich bisher nicht dazu aufraffen. Der Seelenraum ist der Raum in Sarah, in dem sie eine Seele bewahren kann. Ich weiß gar nicht mehr genau, wie die Idee dazu entstanden ist. Ich arbeite im Krankenhaus und vielleicht verarbeite ich schreibend Erfahrungen mit dem Tod.

Man braucht ja nicht alles zu analysieren. Kunst besteht immer auch zu einem großen Teil aus einem Rätsel. Sag mal: Viele Autor*innen fühlen sich beim Schreiben etwas einsam, auch überfordert und sehnen sich nach Austausch. Wie ging es dir?

Ich habe sehr gute Erfahrungen mit Schreibgruppen. In solchen Workshops oder auch Gruppen wie dem AutorInnentreff Osnabrück, die sich regelmäßig treffen, findet man Menschen, mit denen man seine Texte diskutieren kann. Das ist viel wert und motiviert.

Du hast dich bewusst fürs Self-Publishing, also für das Selbstverlegen, entschieden. Früher galt ein Werk, das von einem Verlag veröffentlicht wurde, als qualitativ höherwertig als selbstverlegte Bücher. Mittlerweile hat sich die öffentliche Meinung gewandelt.

Der Vorteil beim Self-Publishing ist, dass es mir die Möglichkeit gibt, das Buch genau so herauszubringen und zu gestalten, wie ich es möchte. Ich muss nicht so sehr darauf achten, ob das Buch tauglich für den Massenmarkt ist, sondern darf mir beim Schreiben größere Freiheiten erlauben. Ich kann also jedes Detail nach meinen Vorstellungen gestalten. Der Nachteil dabei: Ich muss auch alles selber machen! Insbesondere die gedruckte Version zu erstellen war sehr herausfordernd, da Layout, Buchsatz, etc. deutlich anspruchsvoller sind als beim Erstellen eines eBooks.

Du wolltest also nicht auf Biegen und Brechen einen Mainstream- Bestseller landen?

Nein, auf gar keinen Fall!  Dazu sind Sophies und Sarahs Charaktere auch mit zu vielen Ecken und Kanten versehen. Ich hatte einfach Spaß am Schreiben. Dabei wollte ich nicht auf irgendwelche Trends achten, z.B. eine Hochzeitstorte mit in den Roman zu bringen, nur weil das gerade in ist.

 Wie geht es weiter?

Band 2 soll im Winter 2024 erscheinen. Sarah und Sophie müssen sich gemeinsam mit einigen alten, aber auch neuen Freunden einem leibhaftigen Eisdämonen stellen. Band 3 ist für den Frühling 2026 geplant. Er wird vertiefen, wer und was Sarah eigentlich ist und ob sie ihre Rolle in der Welt findet.

Was möchtest du Leuten, die gerne schreiben, als Rat mitgeben?

Gebt niemals auf, bleibt immer dran!

Chris Abraham: Schattenherbst – Band 1 der Reihe: Sarah Seelenfänger, 384 Seiten. 14,50 € / 1,99 € (eBook).Chris Abraham: Schattenherbst – Band 1 der Reihe: Sarah Seelenfänger, 384 Seiten. 14,50 € / 1,99 € (eBook).

 

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