Donnerstag, 22. Februar 2024

Hanau-Morde bleiben Mahnung für die Zukunft

DGB und Bündnispartner luden zu Gedenkveranstaltung und Ausstellung

Selten waren in Osnabrück so viele Menschen auf den Beinen, um Nationalisten, Faschisten und Rassisten die Rote Karte zu zeigen. Dass immer neue Formate entwickelt werden, um sich dem Spuk von Rechtsaußen entgegenzustellen, macht besonders zuversichtlich. Jüngstes Beispiel: die vom DGB getragenen Aktivitäten zur Erinnerung an die Hanauer Morde von 2020. Die Auftaktveranstaltung am Montag und die anschließende Ausstellungseröffnung im Gewerkschaftshaus belegen: Osnabrück bleibt hellwach gegen rechts.

Gedenkveranstaltung: Hanau mahnt!

Hunderte Menschen hatten sich am Montag, trotz Mieselregen, auf den Weg zum Osnabrücker Hauptbahnhof gemacht. Ziel war eine vom DGB-Kreis mit Bündnispartnern organisierte Gedenkveranstaltung, um an die Morde im hessischen Hanau zu erinnern. Exakt vier Jahre zuvor, am 19. Februar 2020, hatte ein bekennender Rechtsextremist willkürlich und mit eiskalter Ansage Menschen ermordet, die er vorab als „undeutsch“ diffamiert hatte.

Der Ansatz des Gedenkens blieb nicht ohne Wirkung. Der Appell zum Kommen stieß auf eine eindrucksvolle Resonanz: „Hanau mahnt!“ wurde gehört. Über vierhundert, die auf das Bahnhofsgelände gekommen waren, vernahmen zunächst eine Tonbotschaft aus Hanau. Nach einer Gedenkminute begann die Versammlung mit ihren Redebeiträgen.

Wichtig ist: Nackte Zahlen bleiben ohne persönliche Hintergründe abstrakt und lösen kaum etwas aus. Blicken wir aber auf einzelne Menschen, auf ihre Sorgen, Ängste wie Sehnsüchte und zeigen wir auf, wie solche Menschenleben in Hanau durch einen einzigen faschistischen Mörder ausgelöscht wurden, wirkt diese Herangehensweise viel zielführender. „Say their names!“, lautete deshalb, vollkommen zu Recht, der Ruf von Angehörigen und Hinterbliebenen, um sich dieser Opfer rechten Terrors auch namentlich zu erinnern. Die OR berichtete ja jüngst bereits darüber, dass auch der FC St. Pauli jüngst in seinem Stadion am Millerntor exakt solchen Vorsätzen gefolgt ist.

Vom „Osnabrücker Bündnis 19. Februar“ wurden die Forderung nach umfassenden Konsequenzen formuliert. „Was in Hanau geschah, wie dazu ermittelt worden ist und wie die Zusammenhänge mit rechtem Terror seither offiziell bewertet worden sind, bleibt beschämend“, fasste DGB-Sekretär und Mitorganisator Olaf Cramm seine Erkenntnisse zur Hanauer Bluttat zusammen. Diese Haltung fand breiten Zuspruch.

Speziell eine klare Erkenntnis der wissenschaftlichen Migrationsforschung, vorgetragen hatte sie Migrationsforscher Mert Peksen, regte im Publikum besonders zum Nachdenken an: Sobald Migration mit Angst behaftet wird, ist das ein gefährlicher Weg zur Ausgrenzung. Eine Kernbotschaft war schon zuvor angekommen: Auch auf Schildern, Bildern und Transparenten wurde verdeutlich, wozu der Terror von Hanau mahnt.

Olaf Cramm zog nach der Kundgebung ein zum Nachdenken anregendes Fazit: „Nie wieder darf passieren, was diesen Anlass zum Mahnen gibt. Auch der zweifelhafte Umgang mit rechtsextremem Terror gibt reichlich Grund zur Kritik. Am strukturellen und politischen Versagen beispielsweise.“

Ausstellung „Migrantischer Widerstand – Damals, Heute, Morgen!“ eröffnet

Mit der Ausstellung im Inneren des Gewerkschaftshauses am August-Bebel-Platz soll ein weiteres Zeichen gegen Ausgrenzung und Rassismus gesetzt werden. Auf fünfzehn Tafeln werden Aktivitäten und die Beweggründe dazu präsentiert. Die Wissenschaftlerin Helen Schwenken und der Kurator Gürsel Yildirim eröffneten die Präsentation. Beide erläuterten mit einem kurzen Diskurs, wie sich die Forschung dieser Thematik aktuell annimmt.

Helen Schwenken, Direktorin des Instituts für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien, beleuchtete speziell den „Migrantischen Widerstand“ im Kontext einer wissenschaftlichen Perspektive. Sie sprach insbesondere über ihre Forschungen im Hinblick auf das, was sie beim Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung „migrantischen Protagonismus“ nennt. Schwenken: „Wissenschaft ist keine bewahrende, sondern eine arbeitende Aufgabe. Diese Ausstellung bewahrt und erinnert uns alle daran, womit sich die Wissenschaft, genauso wie alle gesellschaftlichen Akteure, immer neu auseinandersetzen muss.“

Yildirim Gürsel, nicht nur Soziologe, sondern zugleich auch Aktivist, berichtete darüber, wie sein akribisch gefülltes Archiv zum Thema der Ausstellung immer mehr gewachsen ist. Nur so konnte die Präsentation auf eine überzeugende Faktenbasis gestützt werden und nun im Gewerkschaftshaus gezeigt werden. Gürsel empfahl Migrant*innen, sich unbedingt selbst zu organisieren, um ihre Interessen umso wirksamer artikulieren zu können.

Im überfüllten Foyer des Gewerkschaftshauses nahmen sich die vielen Besuchenden Zeit für die Informationen und für das Gespräch miteinander.

Getragen wird das Projekt von DGB Region OS und No Lager sowie von IMIS (Fachgebiet Migration und Gesellschaft), unterstützt von der RLS.Weitere Informationen gibt es auf osnabrueck-emsland.dgb.de. Noch bis zum 15. März ist die Ausstellung zu sehen. Eine Führung kann bei olaf.cramm@dgb.de angefragt werden.

Alle Fotos dieses Beitrags: DGB Osnabrück

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