Montag, 18. März 2024

Das Galeria-Desaster oder: Gebt das „Osnabrücker Ding“ den Osnabrücker*innen!

Und wieder ein Schlag ins Kontor der Innenstadtplanung! Vielleicht sollten sich die Stadtoberen (nicht nur in Osnabrück) endgültig vom Marktgeschehen verabschieden und eine Innenstadtentwicklung zunächst nach den Wünschen und Bedürfnissen der eigenen Bevölkerung ausrichten und dann schauen, welcher Partner oder welche Partnerin passen könnten.

Foto: Kerstin Broszat

Vor gut drei Jahren trieb mich das Thema schon einmal um im Hinblick auf die Klagen von Handel und Wirtschaft auf die zunehmenden Einkäufe im Internet im Allgemeinen und im Hinblick auf Osnabrücks Einkaufsmeile im Besonderen:

„Es gab eine Zeit in Osnabrück, nachdem die Große Straße zur Fußgängerzone wurde, als man unter den Arkaden regengeschützt ein Schwätzchen halten konnte, bei Rohlfink oder JPC zwanglos  über die neuesten Hits diskutierte – auch ohne etwas zu kaufen; die Kinder konnten beim Kindertreff des Kinderschutzbundes neben dem Parkhaus am Kollegienwall „abgegeben werden“ damit die Eltern ein paar entspannte Einkaufsstunden  haben (wenn ich mich recht entsinne) – quasi das IKEA-Bällchenbad vorweggenommen.
Auch die eine oder andere Attraktion wurde geboten: da kamen Stars und Sternchen zu einer Autogrammstunde in ein Geschäft – Menschentrauben und Aufmerksamkeit waren vorprogrammiert. Und wahrscheinlich wurde sogar das eine oder andere Produkt gekauft – wo man schon mal da war.
Dann kam einer auf die Idee, dass doch die Arkaden besser in Verkaufsfläche umgewandelt werden solle und überhaupt sind doch die ganzen Bänke und Schwatzecken überflüssig. Kaufen sollen die Menschen und nichts weiter – die Kasse muss klingeln. Es wurde gesprochen von edlem chinesischen Granit, von freien Sichtachsen und Flaniermeilen, große Shopnamen müssen her; gemütlich und bürgernah, ja und eben auch ein bisschen provinziell, das war einmal!
Nun sollte natürlich die Zeit nicht zurückgedreht werden, aber macht die Innenstädte wieder lebendig und lebenswert, abwechslungsreich und familienfreundlich. Vielleicht kann die Stadt ja doch mal die eine oder andere Gewerbefläche zur Eigenentwicklung erwerben oder

Foto: Kerstin Broszat

zusammen mit einem Investor, der nicht nur die Euro-Zeichen in den Augen hat. Mit Phantasie, Menschenfreundlichkeit und gutem Willen ist schon manch tolles Projekt umgesetzt worden.“ (Soweit meine Gedanken von damals.)

Schauen wir uns nun um im Zentrum des Verfalls, stellt man tatsächlich fest, dass sich etwas tut: An der Möserstraße / Ecke Georgstraße entsteht das große Wohnprojekt von ProUrban ( https://www.prourban.de/projekt/moserstrasse ), am Berliner Platz entstehen mindestens zwei große neue Wohn- und Geschäftshäuser (eines als Umbau, eines neu) und, sofern das Kachelhaus-Projekt der Lindhorst-Gruppe Wirklichkeit wird, am Neumarkt ebenfalls unter anderem neue Wohnungen – hoffen wir es mal.

Es werden also in nicht allzu weiter Zukunft viel mehr Menschen in der Innenstadt wohnen. Wünschenswert sollte dann doch sein, dass diese auch im Zentrum einkaufen können und ihre Freizeit verbringen, möglicherweise und hoffentlich mit Freund*innen aus den umliegenden Stadtteilen.

Was läge da näher, als das Galeria-Gebäude stadtseitig zu kapern (als Generalmieterin oder Käuferin) und die Räumlichkeiten den Bürgern für das zu geben, was sie gerne hätten. Vor allem sollte auch über Räume nachgedacht werden, die ohne Konsumzwang genutzt werden können.

Es gibt im Internet viele gute Beispiele für Innenstadtwandlungen außerhalb von Konsumtempeln, man muss nur danach suchen wollen. Ein paar Beispiele, die Mut machen:
https://unsere-stadtimpulse.de/
https://www.zeit.de/kultur/2020-08/umnutzung-kaufhaeuser-zukunft-architektur-vorbild-kleine-staedte/komplettansicht

Und es gibt mit Sicherheit viele Osnabrückerinnen und Osnabrücker die mit Ideen und Tatkraft bei der Entwicklung eines solchen Projektes gerne dabei wären. Der Ball liegt jetzt zunächst bei der Politik.

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