Erneuerbare Energien und Bürgerbeteiligungsgesetz im FokusÂ
Zum ersten Mal veranstaltete die Initiative Hasewind seit ihrem Bestehen im Vorfeld ihres Stammtisches einen Vortrag in der Zentrale der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Hier sprachen Fachexperten zum Thema Bürgerbeteiligungsgesetz und dem aktuellen Stand zum Ausbau der Erneuerbaren Energien, den damit verbundenen Hürden und Perspektiven.
Im Anschluss lud die Initiative in die Hausbrauerei Rampendahl ein, wo die Teilnehmenden an vier Podien teilnehmen konnten. Hier moderierte der bekannte Journalist Sören Hage unter anderem unter Beteiligung des ehemaligen Präsidenten des Europäischen Parlaments, Dr. Hans-Gerd Pöttering, und Anna Kura, Fraktionsvorsitzende vom Bündnis 90/Die Grünen des niedersächsischen Landtags.
Bürgerbeteiligungsgesetz beim DBU
Am Mittag vor dem 13. Hasewind Stammtisches fand ein Forum bei der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) statt, bei dem es sich um die Themen Bürger- und Gemeindebeteiligungsgesetz, aktuelle gesetzliche Situation in den Bundesländern und die Steigerung der Akzeptanz für Erneuerbare-Energien-Projekte drehte. Vier ausgewiesene Experten, der Landesverband Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen/Bremen brachten ihre Perspektiven und Fachkenntnisse in die Diskussionsrunde ein.
Erneuerbarer Energien am Beispiel von Mecklenburg-Vorpommern
Martin Müller vom Landesverband Erneuerbarer Energien Mecklenburg-Vorpommern eröffnete seinen Vortrag, indem er zu Beginn über das Bürger- und Gemeindebeteiligungsgesetz sprach. Zu berücksichtige sei inzwischen ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts am 23.03.2022 zu Windparks. Müller betonte die Bedeutung der Wertschöpfung vor Ort und bekundete das öffentliche Interesse an Windenergie und Versorgungssicherheit in Deutschland.
Zudem erklärte der Referent den Zuhörenden, wie Wege vom Bürgerbeteiligungsgesetz aufgebaut sind. Müller machte deutlich, dass jene nicht nur gesetzlich vorgeschrieben ist, sondern auch dazu beiträgt, das Vertrauen und die Akzeptanz in der Bevölkerung zu stärken.
Johannes Kempen: „Offen auf Anregungen eingegangen“
Johannes Kempen vom Landesverband Erneuerbarer Energien NRW präsentierte einen Überblick über die aktuelle Situation in Nordrhein-Westfalen. Dabei betonte Kempen, dass in NRW das Gesetz zur Bürger- und Gemeindebeteiligung schon seit dem 28.12.2023 im Gesetzesblatt steht. Dabei skizzierte er die einzelnen Stationen vom Werkstattgespräch mit der CDU und dem Bündnis 90/die Grünen, über die Sachverstandgenanhörung im Herbst im Ausschuss für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie (AWIKE) des Landtags Nordrhein-Westfalen. Er hob positiv hervor, dass man vonseiten der Beteiligten auf die Ideen und Anregungen des Landesverbands offen eingegangen sei. Kempen betonte die Notwendigkeit einer koordinierten Politik und eines engen Dialogs zwischen den Stakeholdern, um die Energiewende erfolgreich voranzutreiben.
Carlos Kuhlmann: Bremer und niedersächsische Erfahrungen
Carlos Kuhlmann vom Landesverband Erneuerbarer Energien Niedersachsen/Bremen konzentrierte sich auf die Situation in Niedersachsen und Bremen. Er sprach über erfolgreiche Beispiele von Erneuerbare-Energien-Projekten und wie diese zur Steigerung der Akzeptanz beitragen können. Kuhlmann unterstrich die Bedeutung von Bildungs- und Informationskampagnen, um das Bewusstsein für die Vorteile von erneuerbaren Energien in der Bevölkerung zu schärfen.
Tobias Roß: juristische Betrachtungen
Tobias Roß von der Kanzlei Dombert Rechtsanwälte rundete den Abend mit einem juristischen Blickwinkel ab. Er sprach über rechtliche Aspekte und Herausforderungen bei der Umsetzung von Erneuerbare-Energien-Projekten. Roß betonte die Bedeutung einer soliden rechtlichen Beratung und wie diese dazu beitragen kann, potenzielle rechtliche Hürden zu überwinden und Projekte erfolgreich umzusetzen.
Stammtisch der Initiative HasewindÂ
Im Anschluss ging es in der Hausbrauerei Rampendahl in der Hasestraße 35 zum 13. Hasewind Stammtisch. Dabei waren 280 TeilnehmerInnen, denen in vier Podiumsdiskussionen mit Vertreter*innen aus der Energiebranche, Politik und Fachverbänden über verschiedene Themen der Windenergie erläutert wurden. Der nächste Stammtisch wurde vom Veranstalter für den Herbst 2024 angekündigt.
Die Vorträge boten einen umfassenden Einblick in die aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen im Bereich der Erneuerbaren Energien und Möglichkeiten zur Bürgerbeteiligung. Die Experten waren sich einig, dass eine transparente Kommunikation, eine inklusive Beteiligung der Bürger und eine gut koordinierte Zusammenarbeit zwischen den Akteuren entscheidend für den Erfolg der Energiewende seien. Mit diesen Erkenntnissen im Gepäck können die Teilnehmer des 13. Hasewind-Stammtisches nun in den weiteren Diskussionen und Workshops des Stammtisches vertiefen und diskutieren.
Das gesamte Verbändeforum ist als Aufzeichnung auf dem YouTube-Kanal Hasewind und unter www.haserwind.de abrufbar.
Interview mit Gerhard Hinnah
Wochen nach dem Stammtisch führten wir ein Interview mit Gerhard Hinnah. Er engagiert sich bereits seit 2003 beruflich für den Themenkomplex der Erneuerbaren Energien und zur Nachhaltigkeit. Sein Herzensprojekt, den Hasewind-Stammtisch, hat er im Oktober 2011 auf den Weg gebracht. Außerdem hat er mehrere Ehrenämter im Bundesverband WindEnergie e. V. (BWE e. V.) inne. Hier ist er als Regionalverbandsvorsitzender sowie als Mitglied im Landesvorstand Niedersachsen/Bremen und in der Länderkammer auf Bundesebene aktiv. Im Beruf berät er Firmen im Aufbau ihrer Sichtbarkeit sowie Netzwerkbildung innerhalb der Branche.
OR: Herr Hinnah, wie lautet ihr Fazit für das erste Fachverbandforum, das am 15.04. beim DBU stattgefunden hat?
GH: Die Bilanz ist gut. Wir haben eine nach Evaluation durchgeführt. Hier war das Feedback uneingeschränkt sehr gut. Einziger Kritikpunkt war die Zusammensetzung des Panels. Hier hätten wir uns auch eine paritätische Besetzung gewünscht. Leider ist es nicht gelungen, Referentinnen für die Vorträge zu gewinnen. Das gelingt leider nicht  immer.
OR: Wie waren die Rückmeldungen bezüglich der Auswahl der Themen?
GH: Auch hier war die Resonanz durchweg positiv. Da das Bürgerbeteiligungsgesetz zwei Tage später im niedersächsischen Landtag passierte, gab es zu diesem Zeitpunkt nichts Aktuelleres. Außerdem ist das Gesetz in Nordrhein-Westfalen seit dem 28.12. in Kraft. Für alle, die in der Projektentwicklung tätig sind, sind diese Gesetze von großem Interesse. So erklärt sich auch der große Andrang von 120 Teilnehmern.
OR: Im Forum wurde es bereits erwähnt, dass die Gesetze in den Bundesländern unterschiedlich sind. Wie sinnvoll ist das oder müsste eine einheitliche Gesetzgebung her?
GH: Das ist nicht sinnvoll. Hier hat uns der Föderalismus einen uneinheitlichen Flickenteppich beschert. Die Bemühungen des Bundesverbandes Windenergie waren darauf ausgerichtet, eine einheitliche Gesetzgebung zu haben. Jetzt gibt es für jedes Bundesland Sonderregelungen, die den Prozess erschweren, weil jedes Projekt individueller wird. Dies konterkariert zum Teil das Ziel dieses Gesetzes: durch eine frühzeitige Einbindung der Region dazu beizutragen, dass Windenergieanlagen auf eine höhere Akzeptanz stoßen und somit schneller realisiert werden können, da vieles länderspezifisch betrachtet und ausgelegt werden muss.
OR: Beim Vortrag wurde das Urteil vom Bundesverfassungsgericht zum Bürgerbeteiligungsgesetz in Mecklenburg-Vorpommern thematisiert. Was war aus ihrer Sicht falsch gelaufen?
GH: Die Bürgerbeteiligungsgesetze sind eine Vorgabe des Bundes, die die Länder umsetzen müssen. Mecklenburg-Vorpommern hat sich als erstes Bundesland an die Umsetzung gemacht. Das ist völlig an der Praxis vorbeigegangen. Die Folge war der Gang zum Gericht. Der Gesetzgeber wollte die Projekte beschleunigen und die Akzeptanz in der Bevölkerung durch mehr Beteiligung erhöhen. So wie das jetzt ausgestaltet war, wurde der Ausbau gebremst. Die Schritte waren eine Lernkurve für die  anderen Bundesländer und eine Blaupause für die jetzige Gesetzgebung und die, die noch kommen wird.
OR: Welche Vorteile sehen Sie durch das kürzlich im niedersächsischen Landtag verabschiedete Gesetz?
GH: Zum einen soll die Genehmigungsdauer von teilweise acht Jahren pro Projekt verkürzt werden. Was das im Einzelnen bedeutet, wird sich in der Praxis zeigen. Durch das Wahlrecht sollen Anwohner direkt oder Gemeinden pauschal beteiligt werden. Das ist eine deutliche Vereinfachung gegenüber Mecklenburg-Vorpommern.
OR: Die Landesverbände der Erneuerbaren Energien betonten, dass das Gesetz aus ihrer Sicht nicht nötig gewesen wäre. Man konnte in den Verhandlungen mit den einzelnen Bundesländern das Beste daraus machen. Wie war ihre Rückmeldung aus den einzelnen Landesverbänden?
GH: Dieses Gesetz ist kein Wunsch der Branche, sondern eine Bundesvorgabe, die von  den Ländern umgesetzt werden muss. Jedes Gesetz verlangsamt den Genehmigungsprozess, daher sind weniger Gesetze und Verordnungen besser als zu viele.
OR: Welche Impulse nehmen sie aus beiden Veranstaltungen für ihre Arbeit mit?
GH: Insgesamt 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die zum Teil weite Anreisen und auch Übernachtungen in Kauf nehmen, und das positive Feedback bestätigen uns in unserem Engagement und motivieren uns, die Veranstaltung im Sinne der Sache weiterzuführen.
OR: Wie hat sich die Effizienz von Solarzellen in den letzten Jahren entwickelt, und welche technologischen Fortschritte haben dazu beigetragen?
GH: In den vergangenen zehn Jahren sind die Kosten für die Stromerzeugung aus Sonnenenergie massiv gesunken – um 87 Prozent, wie eine aktuelle Studie des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) gGmbH zeigt. Zudem hat sich der Wirkungsgrad von Solarzellen in den letzten Jahren deutlich verbessert. Lag der durchschnittliche Wirkungsgrad industriell gefertigter Solarmodule um 2002 noch bei rund 15 Prozent, erreichen moderne Module heute Wirkungsgrade zwischen 20 und 24 Prozent. Weiter wurde im Jahr 2004 weltweit insgesamt 1 Gigawatt an Leistung zugebaut. Dieser Zubau findet mittlerweile täglich statt.
Dies ist eine exponentielle Entwicklung, die auch für die Windenergie gilt und die Überlegenheit der erneuerbaren Energien gegenüber konventionellen Energieträgern zeigt.
OR: Welche Auswirkungen haben große Windparks und Solarfarmen auf die Umwelt und die lokalen Gemeinschaften, und wie werden diese berücksichtigt?
GH: Positiv sind neben der Klimafreundlichkeit die Schaffung von Arbeitsplätzen, Steuereinnahmen und Wertschöpfung vor Ort. Negative Auswirkungen wie Flächenverbrauch, Beeinträchtigung des Landschaftsbildes, Lärm, Schattenwurf, Kollisionsgefahr für Vögel und Fledermäuse. Diese werden berücksichtigt durch umfangreiche Umweltverträglichkeitsprüfungen vor Baubeginn, Abstandsregelungen zu Wohngebieten und sensiblen Lebensräumen, Dialog mit der lokalen Bevölkerung und Beteiligungsmöglichkeiten sowie Ausgleichs- und Kompensationsmaßnahmen für negative Umweltauswirkungen.
OR: Wie steht es um die Wirtschaftlichkeit von Wind- und Solarenergie im Vergleich zu traditionellen fossilen Brennstoffen, und welche Trends sind in Bezug auf die Kostenentwicklung zu beobachten?
GH: Wind- und Solarenergie werden immer wettbewerbsfähiger und sind in vielen Regionen bereits die kostengünstigste Form der Stromerzeugung. Dieser Trend dürfte sich in den kommenden Jahren fortsetzen, sodass Wind- und Solarenergie zu dominierenden Säulen der Energieversorgung werden. Zudem sind in den Gestehungskosten von Wind- und PV-Strom bereits alle Kosten enthalten, im Gegensatz zu fossilen und nuklearen Energieträgern, bei denen die Gewinne privatisiert und die Kosten für Anpassung und Schäden des Klimawandels sowie für die Endlagerung sozialisiert werden.
OR: Welche Innovationsbereiche gibt es in der Wind- und Solartechnologie, die das Potenzial haben, die Effizienz und Rentabilität dieser Energiequellen weiter zu steigern?
GH: Hier sind drei Punkte zu nennen:
1. Smart Grids: Entwicklung intelligenter Netze, die die Integration von Wind- und Solarenergie in das Stromnetz optimieren und die Netzstabilität gewährleisten.
2, Energiespeicherung: Entwicklung effizienter und kostengünstiger Energiespeichertechnologien, um die fluktuierende Stromerzeugung aus Wind- und Sonnenenergie zu speichern und die Verfügbarkeit von erneuerbarer Energie rund um die Uhr zu ermöglichen.
3. Digitalisierung: Digitalisierung der Energiewirtschaft, um die Effizienz der Stromerzeugung, -verteilung und -nutzung zu verbessern.
OR: Wann und wo wird der nächste Stammtisch stattfinden?
GH: Der nächste Stammtisch wird voraussichtlich im Herbst dieses Jahres stattfinden und  wie der letzte wird es auch diesmal wieder einen fachlichen Input im Vorfeld geben. Die Technologien für eine erfolgreiche Energiewende sind da, aber es bleibt wichtig, Menschen mit Energie zusammenzubringen. Der Bedarf an Informationsaustausch zwischen allen Beteiligten wird immer da sein. Hier sehen wir unsere Stellschraube, diesen Austausch auf den verschiedenen Ebenen immer wieder zu ermöglichen und voranzutreiben.
Vielen Dank, dass sie sich für uns Zeit genommen haben.
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Zusammenfassung:
Der §6 EEG regelt die Höhe und die Bedingungen für die Vergütung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen, der in das öffentliche Netz eingespeist wird. Die Vergütungssätze werden durch das EEG festgelegt und sind für verschiedene Technologien wie Windenergie, Solarenergie, Biomasse und Wasserkraft unterschiedlich. Die Vergütungssätze werden regelmäßig angepasst, um die Kosten für die Produktion von erneuerbarem Strom abzubilden.
Erklärung:
- Vergütungssätze: Der §6 legt fest, welche Vergütungssätze Betreiber von Anlagen, die erneuerbaren Strom produzieren, für ihren eingespeisten Strom erhalten. Diese Sätze sind in Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh) angegeben und variieren je nach Technologie und Anlagengröße.
- Anpassung der Vergütung: Die Vergütungssätze werden regelmäßig angepasst, meistens jährlich oder quartalsweise, um die Entwicklungen in den Technologien und die Kosten für die Produktion von erneuerbarem Strom widerzuspiegeln. Diese Anpassungen werden im EEG oder in anderen gesetzlichen Regelungen festgelegt.
- Einspeisevergütung: Betreiber von erneuerbaren Energieanlagen haben das Recht, ihren erzeugten Strom zu einer festgelegten Vergütung in das öffentliche Netz einzuspeisen. Diese Einspeisevergütung stellt eine wichtige Einnahmequelle für die Betreiber dar und ist oft für einen festen Zeitraum garantiert, um Investitionen in erneuerbare Energien attraktiv zu machen.
- Technologie-spezifische Vergütung: Die Höhe der Vergütungssätze kann je nach Technologie variieren. Beispielsweise können Solaranlagen andere Vergütungssätze haben als Windenergieanlagen oder Biomassekraftwerke. Dies soll die verschiedenen Technologien und ihre spezifischen Kostenstrukturen berücksichtigen.
- Meldepflicht und Nachweis: Betreiber müssen den eingespeisten Strom und die dafür erhaltenen Vergütungen melden und nachweisen. Dies dient der Überwachung und Kontrolle des Systems und stellt sicher, dass die Vergütungen korrekt und gerechtfertigt sind.
Zusammengefasst legt der §6 EEG die Grundlagen für die Vergütung von Strom aus erneuerbaren Energien in Deutschland fest und stellt sicher, dass Betreiber von erneuerbaren Energieanlagen für ihren Beitrag zur Energiewende angemessen entlohnt werden.