Die AfD war da – wir aber auch …

Stinkefinger, Drohgebärden und Slapstickeinlage
Alle zwei Wochen treffen sie sich am Osnabrücker Haarmannsbrunnen: die Rechten um Florian Meyer von der AfD.

So auch am vergangenen Samstag im strahlenden Schein der Mittagssonne. Offenbar fühlen sie sich an diesem Ort sicher vor potenziellen „Remigranten“ und vor Demokraten, denn ringsherum stehen Polizeiautos. Die Polizist:innen sorgen dafür, dass ihnen und auch anderen nichts passiert.

Die anderen, das sind an diesem Samstag nahezu hundert Demonstrant:innen auf der anderen Straßenseite, die im Schatten eines Baumes an der Hase stehen und diverse Transparente hochhalten. Sie kommen aus verschiedenen Altersschichten, ihre Spruchbanner lassen unterschiedliche politische Richtungen oder gesellschaftliche Gruppen erkennen. Darunter sind Linke, Antifa, Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes und etliche Angehörige der immer größer werdenden gesellschaftlichen Bewegung „Omas gegen Rechts“, die nicht nur aus Osnabrück kommen, sondern auch extra aus Melle, Bersenbrück oder Bramsche angereist sind. Alle sind sich in einem wesentlichen Punkt einig: Sie treten ein für Demokratie und sind gegen Rassismus und rechte Strömungen.

Das unterscheidet sie von den wenigen AfDlern auf der anderen Straßenseite, die man an ihren blauen Poloshirts erkennt und daran, dass sie Flyer in den Händen halten. Von den Passanten, die an ihnen vorbeieilen, bleibt nur ganz selten jemand stehen, so dass die „blauen Rechten“ aus deutlich erkennbarer Frustration und Langweile heraus die Gelegenheit nutzen, auf ihren Handys herumzudaddeln. Dem Betrachter bietet sich das Bild einer Selbsthilfegruppe „Selber atmen“, die ihren Namen wörtlich nimmt und sich tief durchatmend mit sich selbst zu beschäftigen scheint.

Willkommene Abwechslung kommt deshalb von der anderen Straßenseite: Immer wieder stimmen vor allem die jüngeren Demonstrant:innen Sprechchöre an wie „Nationalismus raus aus den Köpfen“, „Nieder mit der Nazi-Pest“ oder auch, etwas deftiger, „AfD, Rassistenpack, wir haben euch zum Kotzen satt“.

Foto: ORFoto: OR
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Jetzt scheinen die AfDler aus ihrer Lethargie in der prallen Sonne erwacht und Florian Meyer ermutigt genug zu sein, den Demonstrant:innen den „Stinkefinger“ zu zeigen. Das provoziert naturgemäß laute Buhrufe und Schmähungen und ruft die Polizei auf den Plan: Mit mehreren Beamt:innen nimmt man den Chef-AfDler zur Seite, wohl um ihn eindringlich zu ermahnen, solche Gesten von nun an besser zu unterlassen. Ähnlich ergeht es einem AfD-Sympathisanten, der sich – im Ballermann-Outfit und mit sportlicher Sonnenbrille – breitbeinig auf den Weg zu den Demonstrant:innen auf der gegenüberliegenden Straßenseite machen will und erst im letzten Moment zurückgehalten werden kann. Auch er muss sich „Ansagen“ der Polizeibeamt:innen anhören und setzt sich danach wieder artig in die Höcke. Nach kurzer Zeit entspannt sich die Atmosphäre …

Für allgemeine Erheiterung und viel Lachen sorgt die „Durchsage an die AfD“ von der anderen Straßenseite: „Barzahlung im Rathaus ist möglich!“ in Anspielung auf eine Kritik des lokalen Osnabrücker AfD-Ratsmitglieds Garder, dass dies angeblich nicht möglich sei. Dieser Fehlinformation ging auch der Hasepost-Investigativjournalist Heiko Pohlmann auf den Leim und wähnte sich voller Vorfreude auf die von ihm herbeigesehnte, vermeintlich ratlose Reaktion des Rats auf den AfD-Antrag, wie er in einem seiner gehässigen und an Lächerlichkeit kaum zu überbietenden Artikel kolportierte.

Ansonsten gebe es von den in den Kommunalparlamenten vertretenen AfD-Mitgliedern so gut wie keine sachlich-kompetenten Äußerungen, wenn sie sich denn dazu herablassen, an den Sitzungen der Kommunalparlamente teilzunehmen, was beispielsweise in Bramsche äußerst selten vorkomme, wie von den dortigen „Omas gegen Rechts“ zu erfahren war.

Wesentlich zur Entspannung trägt auch die Musik bei, die von den jüngeren Demonstrant:innen jetzt zur Abwechslung über mitgebrachte Boxen abgespielt wird. Das nutzt einer der AfDler zu einer Slapstickeinlage: Er tanzt und wippt im 8/8el Takt mit den Flyern in der Hand zum Wummern der Bässe – „Tanz den Mussolini“ sang einst die DAF.

Dann gelingt es den AfDlern tatsächlich, einen Flyer – in diesem Einzelfall – an die Frau zu bringen. Doch die Freude währt nur kurz, denn unter dem Beifall der Demonstrant:innen zerreißt sie diesen genüsslich.

Nach Stunden rechtsradikaler Tristesse ist die Stadt Osnabrück dann zumindest vorübergehend erlöst von dem AfD-Kaspertheater am Haarmannsbrunnen und die Menschen können den jetzt wieder herrlichen Sommertag in der Stadt genießen. Allerdings nur bis zum nächsten Mal.

 

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