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CDU zum Handgiftentag am 06.01.2025: Rede von Marius Keite

Rede des CDU-Fraktionsvorsitzenden Marius Keite
Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender,
sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,

bei der Vorbereitung der heutigen Rede hatte ich selten so sehr das Gefühl, eine thematische Auswahl treffen zu müssen. Denn 2024 war ein Jahr mit besonders vielen einschneidenden Ereignissen und Entscheidungen, die wir – zumindest in Osnabrück – oft nicht beeinflussen konnten. Das spektakulärste Beispiel war der 06.11.2024. Morgens steht fest, dass Donald Trump zum US-Präsidenten gewählt wurde, abends platzt in Deutschland die Ampelkoalition.

Und so hatte man das ganze Jahr über den Eindruck, dass wahnsinnig viele Ereignisse auf uns herabprasseln und die Welt sich sehr schnell dreht. Der Ukrainekrieg ist ein bedrückender Dauerzustand mit schwieriger Perspektive geworden. Israel hat militärisch sehr deutlich gemacht, dass es den Anschlag vom 07.10.23 mit über 1.200 Toten nicht hinnimmt. In Syrien wurde des bisherige Machthaber Assad gestürzt.

Und so stehen wir im beschaulichen Osnabrück im Angesicht dieser Weltlage und versuchen, unsere Hausaufgaben in der Kommunalpolitik zu machen.

Als ich am 6.11. im Fernsehen sah, wie der Bundeskanzler seinen angestauten Frust auf seinem Finanzminister Luft machte, war ich – wie viele in diesem Land – entsetzt über den Umgang miteinander. Und gleichzeitig war ich froh, Kommunalpolitiker in Osnabrück zu sein, wo wir damals kurz vor den Haushaltsberatungen standen, die mittlerweile fast schon traditionell ausgesprochen sachlich und fair verlaufen und am Ende die Interessen aller berücksichtigen – offenbar keine Selbstverständlichkeit im politischen Miteinander mehr.

In Osnabrück sehen wir uns dem Miteinander verpflichtet. Wir haben gemeinsam das Beste aus der angespannten Lage gemacht und mit über 80% Zustimmung einen Haushalt für Osnabrück mit Maß und Mitte beschlossen – auch vor dem Hintergrund, dass Kommunalpolitik oft nur mittelbar Einfluss hat.  Genau diesem Geist trägt auch der Handgiftentag Rechnung. Wir versprechen uns, gemeinsam für Osnabrück zu handeln. Das gelingt am besten unaufgeregt. Gerade der städtische Haushalt und die Finanzsituation in Osnabrück ist ein Thema, das uns leider auf Jahre beschäftigen wird.

Nur die außergewöhnlich stark gestiegenen Steuereinnahmen, vor allem bei der Gewerbesteuer, ersparen uns besonders schmerzhafte finanzielle Einschnitte. Deshalb geht mein besonderer Dank an die Wirtschaft – Arbeitnehmer wie Arbeitgeber – die dies möglich gemacht haben. Das kann jedoch angesichts der Lage der Gesamtwirtschaft, insbesondere, wenn große Gewerbesteuerzahler wie VW wackeln oder husten, in Zukunft auch anders sein.

Vor allem unsere großen Tochtergesellschaften, das Klinikum, die Stadtwerke und die WiO haben zurzeit die höchsten Finanzbedarfe:

Natürlich muss man als niedersächsische Stadt oder Landkreis nicht selbst ein Klinikum betreiben. Man kann sich auch komplett den am Markt tätigen Trägern anvertrauen. Wir haben uns als Stadt Osnabrück anders entschieden. Ich halte das für richtig und wichtig. Gesundheit ist etwas Essentielles in der Daseinsvorsorge. Hier sollte man sich eine Einflussmöglichkeit erhalten. Das kostet aber Geld. Und mit dem Warten auf die Krankenhausreform wurde es nicht günstiger. Dieser Knoten wurde nun durchschlagen. Das Signal der Krankenhausreform ist deutlich. Dafür wurde sogar das Kartellrecht gelockert, um Zusammenschlüsse, die sonst unzulässig wären, zu erlauben. Dies ist eine Chance. Bestraft wird am Ende, wer diese Chance verschläft. Das hat man an Beispielen von Krankenhäusern in Nordrhein-Westfalen gesehen. An dieser Stelle danke ich auch allen Beschäftigten des Klinikums, dass sie sich gemeinsam auf diesen Zukunftsweg aufgemacht haben. Langfristig zahlt es sich bei der Versorgung der Patienten wie auch wirtschaftlich aus.

Die Stadtwerke als zweite große Tochter waren jahrelang die Cash-Cow des städtischen Haushalts. Leider fiel erst mit den Jahren auf, dass Zukunftsinvestitionen darunter litten und gleichzeitige Fehlinvestitionen die Finanzkraft weiter beschädigten. Aber auch hier werden heute die Weichen gestellt, das Unternehmen langfristig gut aufzustellen mit einem Fokus auf das Kerngeschäft. Es ist es wichtig, das Energiegeschäft wieder wirtschaftlicher und professioneller aufzustellen. Ich danke auch hier allen Beschäftigten, dass sie sich auf diesen Reformkurs begeben haben.

Auch im sozialen Wohnungsbau müssen wir Entscheidungen treffen. Unsere Wohnungsbaugesellschaft erhält auch in diesem Jahr eine weitere Eigenkapitalzuführung, bis die vom Rat beschlossenen 60 Millionen Euro erreicht sind. Anhand dieser Summe kann zumindest niemand sagen, dass wir nicht sehr viel Geld für sozialen Wohnungsbau in die Hand nähmen.

Ich möchte aber auch eine Antwort für diejenigen haben, die zwar nicht Bedürftige sind, die aber trotz harter Arbeit mit steigenden Mieten zu kämpfen haben, die sich kein Eigenheim mehr leisten können. Die Betroffenen sind meist unsere Mittelschicht.  Oft junge Familien, die mit Job und Kind wenig Zeit haben, ihre Bedürfnisse und Wünsche politisch zu artikulieren oder sich dafür zu engagieren. Ca. 90% davon können sich kein Eigenheim leisten. Die Anzahl der Baufinanzierungen ist massiv eingebrochen. Am Handgiftentag ist mir die Betonung des Zusammenhalts unserer Gesellschaft besonders wichtig. Dafür ist wichtig, dass auch die Eigenheiminteressierten in der Mittelschicht eine Perspektive bekommen. Das entlastet automatisch das Angebot am Mietmarkt und bremst dadurch Mietsteigerungen – besser als jeder Mietspiegel. Auch hier können wir im Jahr 2025 Weichen stellen, die unsere Gesellschaft zusammenhalten. Beispielsweise wenn die Aussetzung der Sonderabgabe für soziale Einrichtung bei Neubauvorhaben Ende des Jahres abläuft und das Bauen wieder verteuert. Als Rat können wir hier zuschauen oder konkret handeln. Ich bin für handeln.

Diese beschriebenen Finanzbedarfe trugen zum großen Defizit im Haushalt 2024 bei. Die Planungen der nächsten Jahre sehen ähnlich aus. Deshalb müssen wir priorisieren. Wichtig ist bei all diesen Vorhaben der Blick für das Maß. Man kann und manchmal muss man auch mal Schulden machen, wenn Investitionen notwendig sind oder irreparable Schäden abgewendet werden müssen. Aber der alleinige Ruf nach der Lockerung der Schuldenbremse auf Bundesebene ist nicht die Lösung. Denn Schulden muss auch der Staat irgendwann zurückzahlen – und zwar mit Zinsen. Und auch unsere Kinder werden noch mit Krisen und Herausforderungen konfrontiert sein, die finanzielle Aufwendungen erfordern. Die Schuldenbremse ist deshalb auch ein Schutzschirm für unsere Kinder, der zum Glück im Grundgesetz verankert ist.

Trotz dieser Herausforderungen setzen wir in meinen Augen richtige und wichtige Schwerpunkte, die unsere Stadt und nachfolgende Generationen voranbringen:

Uns sind die Bildung von der Krippe bis zum Ausbildungsabschluss und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie besonders wichtig. Wir investieren deshalb so viel in KiTas und Schulen wie nie zuvor. Ich freue mich, dass wir insbesondere die Berufsschulen wieder mehr in den Blick nehmen bei notwendigen baulichen Sanierungen. Hier werden die Fachkräfte ausgebildet, die besonders nachgefragt werden. Das ist ein gutes Zeichen an die Jugend wie auch an die Wirtschaft in unserer Region. Für unsere Jüngsten und die berufstätigen Eltern bieten wir umfangreiche Betreuungszeiten und -möglichkeiten an. Gleichzeitig sind die Gebühren für KiTas im Vergleich zu anderen Kommunen niedrig. Das ist eine Investition in die Jugend und gleichzeitig ein Standortvorteil für Fachkräfte.

Zuletzt möchte ich hervorheben, dass wir beim Thema Sicherheit einen großen Schritt nach vorne gemacht haben. Als wir als CDU-Fraktion vor gut einem Jahr 100.000,-€ für Sicherheitsinfrastruktur durchgesetzt und das Thema Videoüberwachung aufgemacht haben, war ich nicht wirklich überzeugt, dass wir ein Jahr später so weit wie heute sind. Es gibt eine Alkoholverbotszone, einen Waffenverbotszone und auch eine Mehrheit für Videoüberwachung an der Johannisstraße ist zusammengekommen. Der Ordnungsaußendienst wird weiter personell aufgestockt. Die Silvesternacht hat gezeigt, dass noch nicht alles optimal ist, aber wie sagt man „wir kriegen einen Dreh dran“ und schauen nicht zu, wie Brennpunkte sich weiter verschärfen.

Und auch für uns selbst als Fraktion war das Jahr ein besonderes. Nachdem der Vorsitzende des BOB e. V. sich der sogenannten Werte Union zugewandt hat, haben ihm die beiden damaligen BOB-Ratsmitglieder die rote Karte gezeigt und sind zu uns gewechselt. Ich fand die Klarheit damals beeindruckend, da sie von beiden auch gefordert hat Kritik auszuhalten. Eine Abgrenzung nach rechts wird oft artikuliert. Im konkreten Handeln zeigt sich die wahre Größe. Auch hier hat der kühle, sachliche Kopf dazu geführt, dass unsere Fraktionsarbeit – und dass kann ich nach einem dreiviertel Jahr sagen – durch zwei neue Mitglieder sehr bereichert wird. Lieber Levin Bosche, liebe Kerstin Meyer-Leive, ich habe großen Respekt davor, dass ihr euch zu derartigem Gedankengut so konsequent und ohne jeden Zweifel zu lassen abgegrenzt habt. Die Abgrenzung zu undemokratischen Entwicklungen ist und bleibt wichtig. Das wollen wir gemeinsam immer wieder unterstreichen.

Als deshalb mit 15 Mitgliedern nun größte Fraktion im Rat der Stadt Osnabrück sind wir guten Mutes, die vielen beschriebenen Herausforderungen unaufgeregt und motiviert anzugehen und versprechen allen eine konstruktive Zusammenarbeit zum Wohle Osnabrücks.

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