Donnerstag, 2. Mai 2024

OR-Serie „Widerstand im Osnabrück der NS-Zeit“ – Folge 33: Henry Brandt

Die OR-Serie „Widerstand im Osnabrück der NS-Zeit“ widmet sich einem spannenden, aber bisher kaum bekannten Thema: Sie erinnert an mutige Menschen, die sich aktiv dem Naziterror und seinen menschenverachtenden Ideen widersetzt und dafür ihr Leben riskiert haben.

Henry Brandt
„Er war sehr sozial eingestellt. Und er hat immer Mut gehabt!“

Henry Brandt (geb. am 1. Juli 1899, gestorben am 4. August 1982) zählt rückblickend zu jenen Menschen im Osnabrücker Widerstand, die auch Jahrzehnte nach 1945 jüngeren Generationen immer wieder über ihre Erlebnisse, Erfahrungen und Einsichten berichtet haben. Zugleich blieb der bekennende Kommunist zeitlebens seinen Grundüberzeugungen treu.

Da gab es kein Zögern: Kaum war Adolf Hitler, am 30. Januar 1933 zum Kanzler des Deutschen Reiches ernannt, wurde der Repressionsapparat von SA und SS um die Instrumentalisierung des Justizapparates erweitert. Das damals auch für Osnabrück zuständige Oberlandesgericht Hamm wurde zum Sondergericht. OLG-Präsident Rudolf Schneider unterstützte die Nazis von Anfang vorbehaltlos. Das OLG wurde zu einer Stütze der sich festigenden Hitlerdiktatur.

Bis 1945 verurteilten dessen politische Strafsenate mehr als 15.000 Regimegegnerinnen und -gegner wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ oder – nach Kriegsbeginn – auch wegen „Wehrkraftzersetzung“ zu langjährigen Zuchthausstrafen. Dem OLG unterstanden weitere Sondergerichte in Bielefeld, Dortmund, Essen und Hagen. Diese verurteilten mehr als 12.000 Angeklagte nach dem „Heimtückegesetz“, der „Verordnung gegen Volksschädlinge“ und ähnlichen Willkürgesetzen.

Das OLG und die zugeordneten Sondergerichte verhängten mindestens 350 Todesurteile. Kein anderes Gericht – auch nicht der „Volksgerichtshof“ – urteilte zwischen 1933 und 1945 mehr Menschen in politischen Verfahren ab als das OLG Hamm. Rechtsmittel gab es nicht.

Und nach 1945? Viele Richter und Staatsanwälte aus der Zeit der Terror-Gerichtsbarkeit konnten ihre Berufslaufbahn fortsetzen. Niemand wurde zur Rechenschaft gezogen.


„Sich endlich der roten Klassenfront anzuschließen“

Bereits vor 1933 hatte die Polizei in Osnabrück Informationen über Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter gesammelt, so auch über den am 1. Juli 1899 geborenen und aus Hamburg stammenden Kommunisten Henry Brandt, der sich für die Rote Hilfe engagierte, ein Verein zur Unterstützung linker Aktivisten, die im Rahmen ihrer politischen Aktivitäten mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind. Darauf konnte dann auch die Gestapo zurückgreifen. In der Kartei des Gestapo Osnabrück heißt es: „In der Funktionärssitzung der RH (Rote Hilfe) befasste sich B. mit dem zu erwartenden Verbot der RH. Vorsitzender der internat. Arbeiterhilfe Ortsgruppe Osnabrück. Agitiert eifrig für RH, ist als geistiger Leiter anzusehen. Für die Gemeindewahl vom 17.11.1929 in Osnabrück als Kandidat aufgestellt, forderte bei der Vers. des Erwerbslosenausschusses die Erwerbslosen auf, sich endlich der roten Klassenfront anzuschließen und ihr Geschick selbst in die Hand zu nehmen. Leiter der KJVD (Kommunistischer Jugendverband Deutschlands) Osnabrück. Redner KPD Vers. in Georgsmarienhütte. Die Einheitsfront gegen Faschismus. Redner KPD-Vers. in Osnabrück 11.10.1932. Erwerbslosenfragen.“


Geheimer Treffpunkt Seltersbude, Iburger Straße

Am 18. März 1933 war Henry Brandt mit sechs weiteren Genossen verhaftet worden. Die Anklageschrift referierte die Verhaftungsvorgänge: Ein angestrebtes, geheimes Treffen kommunistischer Funktionäre bei Niederhaus an der Kommenderiestraße 118 war im Vorfeld aufgeflogen. Die Polizei hatte einen chiffrierten Brief abgefangen und entschlüsselt. Am 14. März 1933 erhielt die Polizei Kenntnis, dass eine Zusammenkunft der kommunistischen Funktionäre in Osnabrück geplant sei. Als Unterlage hatte sie einen von der KPD-Zentrale in Essen an verschiedene Funktionäre abgesandten Brief vom 11. März 1933. In diesem Brief wird der „Freund“ aufgefordert, sich zu einer dringenden Absprache über die Geschäftslage in seinem Arbeitsbereich am Mittwoch, den 14. März vormittags, 11 Uhr, an nachstehender Stelle zu melden. Als Treffpunkt ist in Chiffre angegeben „Henry Brandt, Osnabrück, Iburger Straße, Lutherkirche (Seltersbude).“ Als Kennwort, ebenfalls chiffriert, war vereinbart: „Wo ist das Bischofspalais?“

Henry Brandt wurde wegen Beteiligung an einer verbotenen KPD-Versammlung angezeigt und ein Verfahren wegen Vorbereitung zum Hochverrat gegen ihn eingeleitet. Am 1. Juni 1933 wurden Henry Brandt und seine Mitkämpfer vom Generalstaatsanwalt Freiherr Walter von Steinaecker angeklagt, „gemeinschaftlich das hochverräterische Unternehmen, die Verfassung des Deutschen Reiches gewaltsam zu ändern, vorbereitet zu haben“. Zum „Ermittlungsergebnis“ heißt es, Brandt sei bereits in früheren Jahren in der kommunistischen Jugendbewegung häufiger als Funktionär und Redner hervorgetreten. In einem bei einem Mitangeklagten konfiszierten Heft, „Die rote Volkswacht Nr. 1“, werde ausgeführt, „dass es der sehnlichste Wunsch der Kommunisten sei, in einer Einheitsfront ´Schulter an Schulter´ in wehrhaftem Kampf die faschistische Diktatur zu stürzen.“

1987 hat Henry Brandt in der Heftreihe „Antifaschistische Beiträge aus Osnabrück“ ein Interview zu seinem politischen Lebenslauf gegeben. Henry Brandt wuchs in Hamburg auf. Ein Bruder war dort Steinmetz. Henry wurde Gärtner. Er berichtet, er sei von Anfang an politisch interessiert gewesen, aufgrund seiner Erziehung zunächst von religiöser Seite. Mit fünfzehn Jahren sei er in Hamburg in Kontakt zu den dortigen Sozialdemokraten gekommen, 1913 noch unter pazifistischen Leitbildern.

Karl Liebknecht habe damals gesagt, „wir werden die Waffen uns umdrehen, wenn ihr sie uns gebt. Unsere Interessen sind es nicht, die anderen wollen verdienen und wir sollen sterben im Krieg. Aber wenn sie uns natürlich die Waffen in die Hand geben. […] Alle Arbeiter sind Brüder, alle Menschen, die Schwielen an den Händen tragen, gehören zu uns. Aber alle, die uns kommandieren, sind unsere Feinde. Wenn wir schon kämpfen müssen, dann gegen sie.“

Brandt berichtete, dass damals auch riesengroße pazifistische Demonstrationen von den Sozialdemokraten organisiert worden seien. Dann aber sei die Wende gekommen. Zur Kriegserklärung im August 1914 habe das Hamburger Echo geschrieben: „Wenn die Frage Krieg oder Frieden heißt, sind wir ohne Frage für den Frieden. Aber diese Frage steht ja nicht mehr Krieg oder Frieden, es steht heute die Frage, Sieg oder Niederlage. Und das Heer, das draußen kämpft, ist im wahrsten Sinne unser Volksheer, das sind unsere Söhne, das sind unsere Männer, das sind unsere Väter. Mit diesem Heer sind wir aufs Engste verbunden und wir können nicht anders, wir müssen diesem Heer den Sieg wünschen.“

Henry Brandt wurde zum Ersten Weltkrieg eingezogen. Er war Sanitäter, aber er tat noch mehr für seine Kameraden, und legte sich ohne Ansteckungsfurcht zu den Typhuskranken, um sie zu wärmen. Die Novemberrevolution 1918 erlebte er in Lübeck. Politisch wandte er sich der Unabhängigen Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD) zu, und wenig später der KPD. Brandt berichtet, in Hamburg sei er in der Leitung des Gärtnerstreiks gewesen und deshalb gekündigt worden. Die Chancen, dort eine neue Arbeit zu finden, seien sehr gering gewesen. So sei er nach Osnabrück gekommen und habe bei der Gärtnerei Pattberg an der Iburger Straße Arbeit gefunden. Aus Enttäuschung über die politische Orientierung der christlichen Kirchen sei er dort ausgetreten. Zusammen mit dem bekannten Osnabrücker Kommunisten Ludwig Landwehr habe er eine Diskussion über den Anschluss an die III. Internationale, ein internationaler Zusammenschluss kommunistischer Parteien zu einer weltweiten gemeinsamen Organisation, in Gang gebracht. Daran hätten sich in den Folgejahren vielfältige gewerkschaftliche Aktivitäten angeschlossen.

Brandt beobachtete, wie sich mit der sich 1923 zuspitzenden Inflation der Antisemitismus auch in Osnabrück verstärkte. Die Menschen hätten behauptet, nicht deutsche Kapitalisten und das Wirtschaftssystem seien an der wirtschaftlichen Misere schuld, sondern allein die Juden. Diese müsste man vernichten, und wenn man das geschafft hätte, dann käme die Freiheit, und dann hätten die Nazis Deutschland von der Ausbeutung befreit. Die versprachen jedem etwas: Den Mietern billige Mieten, den Hauswirten größere Verdienste.

Die entstehende faschistische Bewegung hätte ihren Ausdruck zunächst in der antisemitischen Wochenzeitung Der Stadtwächter gefunden, der von 1929 bis 1931 in Osnabrück erschien und auch als politische Partei auftrat. Die nationalsozialistische Bewegung habe bereits politische Gegner umgebracht und Straßenterror verübt. Vielfach sei es – gemeinsam mit Sozialdemokraten und anderen antifaschistischen Strömungen – gelungen, die propagandistische Selbstdarstellung der Nazis zu verhindern. Doch nach dem 30. Januar 1933 seien alle, die als NS-Gegner galten, politisch verfolgt worden.


„Mit der Zunge an die Wand genagelt“.

Als Zeichen des Widerstandes seien vorher nach 1933 immer wieder an zahlreichen Punkten schwarz-rot-goldene oder rote Fahnen gehisst worden, etwa am Turm der Katharinenkirche, am Schornstein der Kesselschmiede an der Sutthauser Straße oder bei dem Textilkonsortium Hammersen.

Henry Brandt berichtete, dass es kurz nach der Machtübernahme schlimme antisemitische Äußerungen von Mitbürgern gegeben hätte. Ein Händler habe ihm einmal gesagt, er habe bei Juden eine Menge Schulden, und die wäre er los, wenn das „jüdische Pack“ endlich hier weg sei.

Brandt wurde nach dem gescheiterten geheimen Treffen verhaftet und zu eineinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Er wurde gefoltert und erzählte später, man hätte ihn „mit der Zunge an die Wand genagelt“.  Trotz der erlebten Schrecken verteilte Henry Brandt nach der Haftentlassung Ende 1934 gemeinsam mit seinen Genossen wieder Flugblätter. Die hätten sie nachts in die Briefkästen gesteckt oder an die Straßenbahnen oder vor den Fabriken an unterschiedlichen Stellen verteilt. „Er war sehr sozial eingestellt, ein ganz lieber Mensch. Und er hat immer Mut gehabt“, charakterisiert ihn seine Schwiegertochter Adelheid Brandt.

Aufgrund seiner Verurteilung galt Henry Brandt als „wehrunwürdig“ Dennoch wurde er wie viele Regimegegner kurz vor Kriegsende doch noch zur Wehrmacht eingezogen. Zu Kriegsende geriet er in Frankreich in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Nach seiner Entlassung kam er nach Osnabrück und wurde sofort wieder politisch aktiv. Adenauer, so Brandt, hätte dann dafür gesorgt, dass die Nazis möglichst schnell rehabilitiert und die Kommunisten erneut politisch verfolgt werden, besonders in Form des KPD-Verbots von 1956.


Immer glaubwürdig und authentisch

Henry Brandts Ehefrau Louise, Mutter von drei Kindern, kam zusammen mit ihrer Schwester am Ende des Krieges bei einem Bombenangriff um, als sie sich mit zwei weiteren Frauen weigerte, den Bunker aufzusuchen und das Wohnhaus an der Sutthauser Straße einen Volltreffer erlitt. Brandt heiratete nach Kriegsende noch einmal und zog zur Wiesenbachstraße. Er kaufte ein gebrauchtes Treibhaus, das er im Garten hinter dem Haus aufbauen ließ. Dort bauten er und seine Frau Obst und Gemüse an, das sie in einem Laden in dem Haus verkauften. Er wurde von Sohn Kurt und seiner Frau Adelheid später als Blumenladen weitergeführt. Auf dem Grundstück, in dem seine zweite Frau in einem im Bombenkrieg zerstörten Haus gewohnt hatte, baute er 1955 mit Mitteln aus dem sozialen Wohnungsbau ein neues Haus auf.

Die Osnabrückerin Meike Unnerstall erinnert sich bei einem Blick zurück im Februar 2023 noch an Henry Brandt: „Opa Henry war unser Vermieter in der Wiesenbachstraße 20 b. Er hatte dort ein Haus mit elf Wohnparteien und im Erdgeschoss einen Blumenladen. Dort arbeitete er zusammen mit seiner Frau Mariechen. Bei uns ging die KPD im Hause ein und aus. Dort hatte auch später die wiedergegründete DKP ihr Büro. Opa Henry war immer sehr kinderfreundlich. Wir waren ganz viele Kinder in dem Haus, teilweise elf. Oma Mariechen lud uns immer wieder zu sich ein, da kriegten wir immer was Schönes.“

Henry Brandt engagierte sich weiter politisch. Henry Brandt habe immer gerne Leute angesprochen und diskutiert, erinnert sich seine Schwiegertochter Adelheid Brandt. Ihr Sohn Klaus Brandt berichtet, dass er den Opa bei Reden und Kundgebungen unterstützte, indem er sich um die Installation von Lautsprecheranlagen und die Aussteuerung kümmerte. Auch der engagierte Osnabrücker Sozialdemokrat Heiko Schulze, heute OR-Redakteur, hat Henry Brandt noch persönlich gekannt. Heiko Schulze:Ich habe Henry, auch als Sprecher der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, bei verschiedenen Zusammenkünften erlebt. Zum Beispiel, als wir uns als Jusos auch mal mit DKP-lern zu einem gemeinsamen Plenum trafen. Dabei ging es, trotz sehr großer Differenzen zu unterschiedlichen Sozialismus-Vorstellungen, vor allem bei der Beurteilung von DDR und Sowjetunion, ruhig und sachlich und ab. Von solchen Verbindungen hat später auch der CDU-Funktionär Fritz Brickwedde in seinen beiden Denunziationsschriften Rotbuch über die Osnabrücker Linke, herausgekommen 1976 und 1978, berichtet. Für ihn war es schon ein Skandal, wenn Kommunisten und linke Sozialdemokraten über Gemeinsamkeiten diskutierten.

Henry und andere Alt-Kommunisten sind vor allem immer dabei gewesen, wenn es um öffentliche Veranstaltungen mit Zeitzeugen wie ihm gegangen ist. Er erschien mir dabei als ein äußerst sympathischer älterer Mann, der sein Leben eben für die KPD, später für die DKP gelebt hat. Ich habe ihn immer geschätzt und als sehr glaubwürdig und authentisch erlebt, obwohl ich viele Sachfragen mit Sicherheit völlig anders beurteilt habe. Zum Beispiel die von SPD wie KPD gleichsam im Grunde nie gewollte Einheit der Parteien gegen die NSDAP, Stichwort Sozialfaschismusvorwurf. Riesenunterschiede zu uns Jungsozialisten gab es natürlich auch bei der Beurteilung des sogenannten Realen Sozialismus, den wir nie als den von uns angestrebten Sozialismus gesehen haben.

Henry erzählte allerdings zu unserer Freude, wenn er in den 70-ern jemanden nicht von der DKP überzeugen konnte, habe er zu allen gesagt: ‚Dann wählt eben die Sozialdemokraten!‘ Er hat aus seinen Positionen, was ihn ehrt, nie einen Hehl gemacht. Als die KPD 1956 verboten wurde und zehntausend deutsche Kommunisten in Adenauers Gefängnissen landeten, ist er mit Sicherheit auch noch verfolgt worden und ist in Verfassungsschutzberichten aufgetaucht. Sein Gartenhäuschen diente, wie ich später gehört habe, lange Zeit als Treffpunkt und illegales KPD-Büro.“


„Ungebrochene Treue zu den Idealen seiner Jugend“

DKP-Mitglied und Ex-Maoist Achim Bigus kannte Henry Brandt seit den frühen siebziger Jahren. Damals habe er noch große Distanz zur DKP, aber schon hohen Respekt vor den Leistungen und Opfern der Kommunist*innen im Widerstand gegen den Faschismus und später gegen Restauration und Remilitarisierung in der jungen BRD gehabt.

Henry Brandt beeindruckte Bigus durch seine Lebensgeschichte und seine ungebrochene Treue zu den Idealen seiner Jugend, trotz der Verfolgungen unter dem Faschismus und später unter Adenauer. Dabei wirkte dieser „rote Großvater“ auf ihn erfrischend „normal“ und überhaupt nicht wie ein „Revoluzzer“, ganz anders als die jungen, „antirevisionistischen“ Anhänger der super-„rrrevolutionären Linken“ damals – ganz so wie der Kommunist „Rudi Schulte“ in dem Lied von Franz Josef Degenhardt.

Besonders plastisch erinnert er sich an Henry Brandts ständiges und geduldiges Ringen um die Einheit der verschiedenen Links-Kräfte, vor allem gegen alte und neue Nazis. 1977 führte die NPD-Jugend ihren Bundeskongress in Osnabrück durch. Dagegen formierte sich eine politisch breite Gegenbewegung. Henry Brandt setzte nicht nur sein Diskussions- und Verhandlungsgeschick, sondern auch seine ganze Autorität als Verfolgter des Naziregimes ein, um politische Kräfte zusammenzuführen, die sonst wegen ihrer wechselseitigen Vorurteile mehr als einmal Aktionsgemeinschaften hatten platzen lassen.

Bigus persönlich, aus seiner politischen Sicht nach eigenen Worten noch ein „Chaot“, begegnete er mit viel Geduld. Es machte den jungen Mann stolz, als Henry Brandt ihn zu seiner achtzigsten Geburtstagsfeier einlud, um dort Arbeiterlieder zu singen. Er wusste, dass er Bigus damals nicht für seine Partei gewinnen konnte, gab aber seine Erfahrungen weiter und warb für die VVN als antifaschistische Bündnisorganisation.

Henry Brandt, der, zweimal verwitwet, trotz aller schwerer Erfahrungen ein postiv eingestellter Mensch blieb und in seinen letzten Lebensjahren zusammen mit seiner Lebensgefährtin Wilhelmine Plegge noch die Freude am Tanzen entdeckte, starb am 4. August 1982 im Alter von 83 Jahren.


Wer war Alida Jans?

Anhang
Spuren des Widerstands in Osnabrück

Spuren der Menschen, die in der NS-Zeit Widerstand geleistet haben, die die ILEX-Gruppe in ihrer Serie in der Osnabrücker Rundschau verfolgt hat, finden sich demnächst auch in Osnabrück. Der Künstler Manfred Blieffert macht mit künstlerischen Methoden Formen des Widerstandes aktuell nachvollziehbar und stellt dabei einige der Widerstands-Aktitivitäten nach. Die vergessenen Namen der Menschen, die Widerstand gegen das NS-Regime geleistet haben, und ihre Aktionen sollen in der Stadt wieder sichtbar werden. Doch nicht mit spektakulären Aktionen, sondern genauso heimlich, wie sie in der Realität gelebt und gehandelt haben. Darum: Halten sie Ausschau nach den mit weißer Farbe immer nur für kurze Zeit sichtbaren Namen! An einigen sind Sie vielleicht schon ahnungslos vorbeigegangen – so, wie die 3.000 Fanmarsch-Teilnehmenden letzten Sonntag an der Bremer Brücke …


„Parolen aus dem Koffer“

Manfred Blieffert stempelt mit dem Koffer, wirft heimlich Flugblätter ab, transportiert sie heimlich in einem alten Fahrrad durch die Stadt. Von der holländischen Grenze aus lässt er, wenn der Wind von Westen weht, zusammen mit Mitgliedern der ILEX-Gruppe und Niederländern, die diese Aktion unterstützen, Ballons mit Flugblättern über die Grenze fliegen. Die Aktionen sollen zeigen:

Widerstand kann überall stattfinden. Auch heute.

Die Aktionen werden ab Sonntag, 10. September bis zum April 2024 in einer Ausstellung in der Gedenkstätte Augustaschacht präsentiert – dem Ort, an dem einige der Osnabrücker im Widerstand von der Gestapo inhaftiert und von dort aus in Konzentrationslager deportiert wurden, aus denen sie nicht zurückkehrten.

Wer war Fritz Bringmann?Wer war Fritz Bringmann?

 

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