„Volles Haus“ beim Treffen in der Jäger-Klause. OR-Interview mit Christoph Schnare
Schon seit einigen Monaten trifft sich eine kleine Gruppe, die sich besorgt über den aktuellen Kurs der Neuen Osnabrücker Zeitung zeigt. Im Zentrum der Kritik steht dabei nicht der lokale, sondern der überregionale Mantel des Blattes und hier insbesondere die von der Gruppe als rechtspopulistisch empfundenen Kommentare einiger Redakteure. Nachdem die Gruppe schon diesbezügliche Briefe an die Herausgeber der Zeitung geschrieben und auch ein Gespräch mit dem leitenden Chefredakteur geführt hat, ist sie nun an die Öffentlichkeit getreten und hat am 18. November ein Treffen für kritische LeserInnen der NOZ organisiert.
Am 18.November traf sich die erweiterte Runde in der prall gefüllten Klause des Grünen Jägers. Weitere Treffen sind im neuen Jahr geplant. Zu den Initiatoren der kritischen Runde gehört auch Christoph Schnare, vor seinem offiziellen Unruhestand evangelischer Pastor in Bissendorf und Osnabrück.
Die OR hatte bereits ausführlich die Standpunkte der Gruppe wiedergegeben. Deutlich in die gleiche Richtung geht seit langem Kritik, die in Kommentaren aus der OR-Redaktion oder in der KOZ-Post dokumentiert sind. Im Anschluss an das Treffen führte die OR mit Schnare ein Interview.
Lieber Christoph, du zählst ja seit einigen Monaten zu einer Gesprächsrunde, die sich kritisch mit aktuellen Entwicklungen, hier vor allem in der Chefetage der Neuen Osnabrücker Zeitung beschäftigt. Warum müssen wir die NOZ kritisch begleiten? Kannst du Beispiele nennen?
Schon zur Zeit der ersten „Schulstreiks“ für eine bessere Klimapolitik gab es mehrfach Kommentare von Burkhard Ewert, in denen er in typischer Manier der BILD-Zeitung versucht hat, die Protagonisten der Klimaschutzbewegung persönlich zu diskreditieren, statt sich mit ihren Argumenten sachlich auseinanderzusetzen. Das Instrument des persönlichen Diskreditierens hat er während des letzten Bundestagswahlkampfes auch gegen Leute wie Habeck oder Baerbock eingesetzt. Das hat meiner Meinung nach nichts mit sauberem, faktenbasierten Journalismus zu tun und das hat mich geärgert.
Warum ist das ein so grundsätzliches Problem? Welchen Schaden kann dieser Trend anrichten?
Ewert fördert in seinen Kommentaren immer wieder die gesellschaftliche Spaltung. Er bedient die rechte Erzählung, nach der man in Deutschland nicht mehr ungestraft sagen kann, was man denkt. Er schildert Deutschlands wirtschaftliche Lage als eine drohende nationale Katastrophe, für die er vor allem den Sozialstaat und den angeblich fehlenden Leistungswillen der Nach-Boomer verantwortlich macht. Er hat großes Verständnis dafür, dass in Russland andere Sitten und Werte gelten als im Rest Europas und scheint da keinen Dissenz zu den fundamentalen Menschenrechten wahrzunehmen, die doch in allen Ländern dieser Welt in gleicher Weise gelten sollten.
Und, umgekehrt gefragt, wer erscheint Herrn Ewert als Feindbild?
Alles in seinen Augen „Woke“ und „Links-Grüne“ wird von ihm mit dem Vorwurf einer moralisierenden Besserwisserei und freiheitsfeindlichen Verbotspolitik belegt. So sind ihm zum Beispiel Tempolimits und der Kampf der Schulen gegen das Übel der „Elterntaxis“ ein Graus. Während Elon Musks DOGE-Kommandos USAID zerschlagen, bläst Ewert in seinem Essay „Rest der Republik“ zu einem Frontalangriff auf die Deutsche Entwicklungshilfe ( ). Und in seinem kürzlichen Essay zum klimapolitischen Kurswechsel von Bill Gates versucht er, Klimaschutz und Armutsbekämpfung gegeneinander auszuspielen.
Mit Donald Trump, da dürftest du uns zustimmen, beginnt die bislang größte Demokratie der Welt im Mark erschüttert zu werden und erscheint extrem gefährdet. Welche Positionen bezieht da nach Deiner Beobachtung die NOZ, Ewert wie andere?
Michael Clasen hat aus seiner kritiklosen Verehrung für Donald Trump nie einen Hehl gemacht. Auch Ewert hat Trump mehrfach „diabolische Genialität“ bescheinigt. Nach dem Gaza-Deal haben Clasen und Ewert für Trump den Friedensnobelpreis gefordert, ohne sich auch nur mit einem einzigen kritischen Wort mit Trumps aggressiver Feindbildpolitik und seiner Zerstörung der Demokratie in den USA zu beschäftigen.
Clasen und Ewert gelten für viele Beobachtende als Protagonisten einer völlig anderen Wirtschafts- und Sozialordnung. Wie drückt sich das speziell bei den beiden NOZ-Rechtsaußen aus?
Immer wieder schimmert bei beiden eine libertäre Grundhaltung durch: den Sozialstaat schleifen, die Wirtschaft von lästigen Steuern und Klimaschutzaufgaben befreien, den Staat auf die Aufrechterhaltung der Ordnung im Innern wie im Äußern reduzieren.
Herr Ewert sieht sich offiziell gern als jemand, der angeblich Vielfalt einfordert. Was hältst du davon?
Ewert sagt, er möchte in der NOZ die „Meinungsvielfalt der Gesellschaft“ abbilden. Für ihn heißt das, dass er nun vermehrt Rechtsintellektuelle wie Raphael Bonelli oder Ulf Poschert in der NOZ zu Wort kommen lässt oder einer platten rechten Populistin wie Claudia Pechstein in der Vorwahlzeit breiten Raum für ihre anti-woke und anti-grüne Hetze einräumt – und das ohne jeden Faktencheck! Auch die Anführer der AFD oder der russische Botschafter können in der NOZ ihre Positionen ausführlich darstellen, häufig ohne angemessene journalistische Einordnung.
Und wie gehen Ewert und Co mit Gegenströmungen um, die ihnen offenkundig nicht passen?
Die wöchentliche Rubrik „Gedanken zum Sonntag“, in der regionale Autoren der christlichen Kirchen mehrfach vor dem wachsenden Rechtspopulismus, vor Fremdenfeindlichkeit und einem Nachlassen beim Klimaschutz gewarnt haben, wurde zu Pfingsten 2025 ohne jede Vorwarnung gestrichen, darüber haben sich viele LeserInnen beschwert. Auch über die Aktivitäten der Umweltbewegung oder des linken politischen Spektrums wird in der NOZ meiner Wahrnehmung nach weitaus seltener berichtet, als über Veranstaltungen und Repräsentanten der CDU oder auch der AFD.
Nach Meinungsvielfalt klingt das ja in der Tat nicht. Steckt da System dahinter?
Mein Eindruck ist, dass Ewert unter dem Deckmantel der „Meinungsvielfalt“ vermehrt rechte Narrative im Blatt unterbringen und den öffentlichen Diskurs auf diese Weise weiter nach rechts verschieben möchte. Dazu passt auch seine lautstarke Empfehlung „mehr Musk und Milei wagen“ an den designierten Kanzler Friedrich Merz unmittelbar nach der Bundestagswahl. In seinen „zehn Gedanken zur Ukraine“ aus dem August 2025 tauchen die bekannten Narrative der russischen Kriegsrechtfertigungspropaganda auf, von der „repressiven Kiewer Politik gegenüber russischen Minderheiten“ über die „Ausdehnung der Nato“ bis hin zur „Umformung der EU in eine Macht- und Militärmaschine“. Die EU selbst ist für Ewert nur noch ein „saturiertes, doppelmoralisierendes und bürokratisiertes Konstrukt“, das seinen Bürger spätestens seit Corona keine echte „innere Freiheit“ mehr zu bieten vermag. Für mich formt sich so mehr und mehr das Bild einer gesellschaftlichen Vision, die ganz eindeutig im rechten politischen Spektrum verortet ist.
Können wir die Hoffnung hegen, dass Ewert und Clasen mit ihrem Rechtskurs allein stehen und irgendwann mit ihren Positionen isoliert werden? Oder wird der Rechtstrend sogar stärker?
Ich mache mir da keine großen Hoffnungen. Mit Philipp Ebert haben sie vor einigen Monaten einen weiteren Redakteur geholt, der zunehmend ins gleiche Horn stößt, wie Ewert und Clasen. Und hinter diesen drei Redakteuren steht als „schützende Hand“ der Verleger Jan-Dirk Elstermann, der mit seiner wirren Anzeige zum Datum der vorgezogenen Bundestagswahl sehr deutlich gemacht hat, wo er politisch steht.














