Lissy Rieke: Ein gemeinsames Osnabrücker wie Duisburger Schicksal mahnt zum „Nie Wieder!“

Wohnort von Lissy Rieke in der Wiesenbachstraße. Zwei Stolpersteine erinnern dort an sie und ebenfalls an das NS-Opfer Heinrich Hackmann. Foto: Stadt OsnabrückWohnort von Lissy Rieke in der Wiesenbachstraße. Zwei Stolpersteine erinnern dort an sie und ebenfalls an das NS-Opfer Heinrich Hackmann. Foto: Stadt Osnabrück

Die Machtübernahme der Hitler-Regierung am 30. Januar 1933 will Lissy, kaum 20 Jahre alt, von Beginn an nicht widerstandslos hinnehmen. Kurz nach dem Reichstagsbrand am 27. Februar 1933 eskaliert die Situation: Reichsweit erfolgen die ersten Massenverhaftungen. Auch der später im KZ Buchenwald ermordete Vorsitzende der Kommunistischen Partei (KPD), Ernst Thälmann, wird aufgegriffen und verhaftet. In etlichen Staaten wachsen Solidaritätsbewegungen für ihn. Eine besonders aktive gibt es in den Niederlanden.


Osnabrück-Duisburg-Amsterdam

Schon im August 1933 ist Lissy Rieke im Zuge der Widerstandsaktivitäten um die Thälmann-Freilassung nach Amsterdam gezogen, um dort gemeinsam mit Gleichgesinnten gegen die deutschen Nazis zu arbeiten. Bis zum Einmarsch der Wehrmacht im Jahre 1940 ist dies noch gefahrlos zu machen. Danach ist nur noch illegale Arbeit möglich. In Deutschland besitzt Lissy zuletzt eine Adresse in Duisburg.1942 fällt ihr die Aufgabe zu, von den Niederlanden aus die weitere Verteilung von Flugblättern und weiteren Informationen zu organisieren. Auch insgesamt sollen von ihr die Verbindungen zwischen den einzelnen Widerstandsgruppen in Berlin, Bielefeld, Bottrop, Duisburg, Düsseldorf, Oberhausen, Remscheid, Solingen und Wuppertal gefestigt werden. Sie begibt sich zu diesem Zweck ins Reichsgebiet.Doch die Gestapo ist ihr schnell auf der Spur. Spitzelwesen und geheimpolizeiliche Ermittlungen führen am 19. Januar 1943 zu ihrer Verhaftung. Alles passiert, als sie nach ihrer Rückkehr von einem Besuch in Osnabrück auf dem Bahnsteig des Duisburger Hauptbahnhofs erkannt und aufgegriffen wird. Womöglich ist sie bereits sie in Osnabrück erkannt und verraten worden.

Ihre Verhöre erstrecken sich über etliche Monate. Verbunden sind sie mit grausamer Folter. Vergeblich versuchen die Nazi-Schergen, von Lissy die Namen anderer Menschen im Widerstand zu erfahren. Sie schweigt trotz aller Repressalien.Lissy wird fast zwei Jahre lang von der Gestapo gefangen gehalten. Ende 1944 wird sie schließlich ganz offiziell von Staatsanwalt Karl-Hermann Bellwinkel beim Volksgerichtshof angeklagt. Der Vizepräsident des Volksberichtshofes, Wilhelm Crohne, verurteilt sie danach in Bielefeld wegen Wehrkraftzersetzung zum Tode.

Am Morgen des 5. Januar 1945 wird das Urteil in Dortmund vollstreckt. Henkersknechte führen die Kahlgeschorene, barfuß und nur mit einem dünnen Gefängnishemd bekleidet, in den Vollstreckungsraum zu einem brusthohen Brett. Per Lederriemen binden die NS-Schergen ihr Opfer daran fest. Das Brett wird in die Waagerechte gehoben und nach vorne geschoben. Der Nacken wird fixiert. Das Auslösen des Fallbeils ist das letzte Geräusch, das Lissy hört. Sie stirbt im jungen Alter von 31 Jahren.Erst im Januar 1945 erhält ihr Vater in Osnabrück ein Schreiben des Oberreichsanwalts beim Volksgerichtshof in Berlin. Im bürokratischen Originalton heißt es eiskalt: „Das Urteil des Volksgerichtshofes vom 17. August 1944 gegen ihre Tochter Luise Johanna Rieke ist am 5. Januar 1945 vollstreckt worden. Die Veröffentlichung einer Todesanzeige ist unzulässig.

Zumal eine Todesanzeige, wie erklärt, verboten ist, erfahren bis zum Kriegsende nur wenige Freundinnen und Freunde der Osnabrückerin, warum sie nicht mehr lebt und was mit ihr geschehen ist. Aber auch die öffentliche Erinnerung an sie wird in ihrer Heimatstadt erst spät mit konkreten Gedenkformen verbunden.Immerhin: Nach Lissy Rieke ist in Osnabrück mittlerweile eine Straße benannt. Und sie ist inzwischen, was bei nur ganz wenigen Namen wie im Falle von Felix Nussbaum (hier: Osnabrück und Brüssel) der Fall ist, mit jeweils einem Stolperstein in zwei Städten geehrt worden: Einer befindet sich in der Osnabrücker Wiesenbachstraße, ein zweiter in Duisburg-Neudorf, Waldstraße 141.

 

Stolpersteine in der Wiesenbachstraße und in DuisburgStolpersteine in der Wiesenbachstraße und in Duisburg

Wer mehr über Lissy lesen möchte, darf gern hier weiterlesen.

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