Heute vor 608 Jahren wurde Jan Hus zum Feuertod verurteilt

Jan Hus: „Das aber erfüllt mich mit Freude, dass sie meine Bücher doch haben lesen müssen, worin ihre Bosheit geoffenbart wird. Ich weiß auch, dass sie meine Schriften fleißiger gelesen haben als die Heilige Schrift, weil sie in ihnen Irrlehren zu finden wünschten.“

Heute vor 608 Jjahren, am 6. Juli 1415, wurde der Prager Theologieprofessor, Reformator und spätere tschechische Nationalheilige Jan Hhus vom Konstanzer Konzil als Häretiker zum Feuertod verurteilt und zusammen mit seinen Schriften auf dem Scheiterhaufen verbrannt, nachdem er sich trotz monatelanger Haft und demütigender Verhöre bis zuletzt geweigert hatte, seine Lehren zu widerrufen.

In einer Epoche, in der weltliche und kirchliche Protagonisten mit allen Mitteln gegeneinander um die Vormacht kämpften, hatte der „Erzketzer“ in Predigten und Schriften immer wieder den weltlichen Besitz der Kirche, den Ablasshandel, den Ämterkauf, die Habsucht und Heuchelei des Klerus und dessen Lasterleben (wie das Zusammenleben mit Konkubinen und die Prasserei) angeprangert. Statt ihm zu helfen, würden die Geistlichen das Volk berauben, statt es zu verteidigen, würden sie noch mehr unterdrücken als die weltlichen Herren. doch die Gnade Gottes dürfe nicht käuflich sein. Aufgabe der Kirchenmänner sei es, ein wahrhaftiges Leben nach der Bibel zu führen, den Gläubigen zu dienen, das Evangelium zu verkünden und nicht, sie auszupressen und nach immer mehr Gewinn zu streben.

Hus – der statt Latein auch die tschechische Sprache in Wort und Schrift in den Gottesdienst einführte – forderte Gewissensfreiheit, Volksaufklärung und eine hierarchiefreie Kirche, deren einzige Autorität die Bibel sein sollte, kein Papst und keine Kircheninstitution. Wer lehren würde, dass die Kirche über der Bibel stehe, wolle sich selbst von Kritik freihalten und das Volk über die Bibel in Unkenntnis lassen, damit es gefügig bleibe.

Johannes Paul II hat zwar 1999 in eine Rede den grausamen Tod des Jan Hus bedauert, zu einer Rehabilitierung und formellen Aufhebung des Urteils gegen ihn kann sich die katholische Kirche jedoch bis heute nicht durchringen.

Judith Kessler
Judith Kessler
Judith Kessler ist Sozialwissenschaftlerin, Redakteurin und Autorin mit den Schwerpunkten jüdische Migration, Gegenwartskultur und Biografieforschung.
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