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Am 24. November 1944 stirbt Mohamed Husen im KZ Sachsenhausen

Am 24. November 1944 stirbt Mohamed Husen im KZ Sachsenhausen

Die deutschen kannten Mohamed Husen aus zwei Dutzend Filmen, in denen er an der Seite von Ufa-Stars wie Zarah Leander, Heinz Rühmann und Hans Albers zu sehen war – immer dann, wenn ein „Schwarzer“ gebraucht wurde …

mohamed husen, der eigentlich majub bin adam mohamed hussein hieß, war 1904 als sohn eines sudanesischen offiziers, der in den diensten des deutschen afrika-korps stand, in daressalam geboren worden. er ging in eine deutsche schule und hatte sich mit neun jahren wie sein vater als „askari“ anwerben lassen – ein einheimischer söldner also, der für die kolonialisten in „deutsch-ostafrika“ die drecksarbeit zu übernehmen hatte. im ersten weltkrieg wurde der kindersoldat majub schließlich verwundet, und als die deutschen den krieg und ihre kolonien endgültig verloren hatten, arbeitete er erst noch bei deutschen firmen in dem nun britischen mandatsgebiet tansania und heuerte dann als steward bei der deutschen ostafrika-linie an.

im herbst 1929, als sein schiff in hamburg ankerte, ging majub an land und fuhr in die reichshauptstadt berlin. er nahm kontakt zu ehemaligen kolonialbeamten auf, die er noch aus afrika kannte und forderte mit ihrer hilfe den ausstehenden sold für sich und seinen gestorbenen vater ein. das auswärtige amt lehnte das ersuchen ab, erkannte aber seine askari-eigenschaft an und ließ ihm einen pass ausstellen, nun auf den eingedeutschten namen „husen“. noch galten farbige als exoten, traten schwarze stars wie josephine baker oder paul robeson in berlin auf, und konnte man sich als (eher akzeptierter) afroamerikaner ausgeben. und so fand auch husen einen job, als kellner in der „wildwest-bar“ im „haus vaterland“.

mohamed kam offensichtlich auch bei der damenwelt gut an. im januar 1933 heiratete er eine schneiderin aus schlesien. fünf wochen danach bekam die ihr erstes kind von ihm; eine andere frau hatte allerdings bereits drei wochen davor einen sohn von ihm zur welt gebracht. den nahmen er und seine frau, die dann noch eine tochter gebar, später zu sich (alle drei starben im kindesalter).

husen, der also zeitweise drei kinder und eine frau zu ernähren und diverse geliebte hatte, musste sich nach weiteren jobs umsehen. davon gab es nicht viele für einen „rassenfremden“ im weiß-arischen berlin, zumal die nazis ihm und seiner frau die papiere abgenommen und ihnen fremdenpässe verpasst hatten. er ließ sich bei der „deutschen afrika-schau“ als „eingeborener“ vorführen, gab am orient-seminar der universität (wo man von der rückeroberung der kolonien träumte) als schlecht bezahlter „sprachgehilfe“ unterricht in seiner muttersprache swahili (im archiv der humboldt-uni existieren noch sprachaufnahmen von ihm) und trat ab 1934 als komparse in wenigstens 23 spiel- und propaganda-filmen auf, von „die reiter von deutsch-ostafrika“, über „zu neuen ufern“ und „fünf millionen suchen einen erben“ bis zu seinem letzten film „carl peters“. mohamed husen scheint sich, vielleicht auch durch die relativ freundliche stimmung an den film-sets, nicht wirklich sorgen gemacht haben über die immer radikaler agierenden herrenmenschen in seiner wahlheimat.

so nahm er freiwillig als treuer vorzeige-askari an kundgebungen teil, auf denen die kolonien zurückverlangt wurden und husen die reichskolonialflagge schwenkte (1931 schrieb die „kolonial-post“ unter sein konterfei, er sei ein schwarzer „mitkämpfer aus der lettow’schen heldenschar, der einst treu ergeben neben seinem sterbenden herrn in der schützenlinie gegen englische truppen ausgeharrt hatte“). aber husen forderte auch seine rechte ein, wenn er sich ungerecht behandelt oder übergangen fühlte. er stritt sich unter einschaltung der gerichte mit seinen arbeitgebern herum, beantragte als kriegsverletzter kämpfer zweimal das frontkämpferabzeichen, das einem farbigen aber nicht zugestanden wurde, kaufte sich dann eins im militaria-handel und posierte damit in seiner (film)askari-uniform auf postkarten, die er sich hatte drucken lassen. schließlich hatte er doch seinen kopf hingehalten für das deutsche reich! am beginn des zweiten weltkrieges meldete sich husen auch noch freiwillig zur wehrmacht, wurde aber abgelehnt.

1940 dann der letzte film. husen spielte ramasan, den treuen diener von carl peters (hans albers), dem rassisten und begründer der kolonie „deutsch-ostafrika“, der wegen seiner brutalität und der vielzahl willkürlicher hinrichtungsbefehle einst „hänge-peter“ genannt und seines amtes enthoben worden war, nun den nazis aber als filmreifer deutscher held galt.

1941, der film war schon abgedreht, wurde husen von der gestapo verhaftet und in „schutzhaft“ genommen. er hatte während der dreharbeiten in prag eine münchnerin kennengelernt, eine affäre mit ihr angefangen und sie geschwängert. nun war er wegen „rassenschande“ von irgendwem denunziert worden. da sich die juristen des regimes, anders als für juden, für schwarze zwar ein ehe-, aber kein sex-verbot mit „arierinnen“ ausgedacht hatten, wurde husen ohne prozess und verurteilung in das konzentrationslager sachsenhausen „überstellt“. dort überlebte er noch drei jahre – bis zum 25. november 1944, heute vor 78 jahren.

2007 ließ seine biografin marianne bechhaus-gerst einen stolperstein für mohamed husen in der brunnenstraße 193 legen, wo er zuletzt gelebt hatte. 2020 musste ein neuer stein gesetzt werden, der alte war gestohlen worden.

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Stolperstein_Brunnenstr_193_(Mitte)_Bayume_Mohamed_Husen.jpghttps://commons.wikimedia.org/wiki/File:Stolperstein_Brunnenstr_193_(Mitte)_Bayume_Mohamed_Husen.jpg
Judith Kessler
Judith Kessler
Judith Kessler ist Sozialwissenschaftlerin, Redakteurin und Autorin mit den Schwerpunkten jüdische Migration, Gegenwartskultur und Biografieforschung.
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