Sonntag, 28. April 2024

Judith Kessler erinnert an Elsa von Freytag-Loringhoven, die heute vor 149 Jahren geboren wurde

Elsa von Freytag-Loringhoven, geboren am 12. Juli 1874 als Elsa Hildegard Plötz in Swinemünde, war die exzentrischste Malerin, Dichterin, Tänzerin, Modelfrau und Muse, die Dada zu bieten hatte.

Immer pleite und immer sprühend vor provokanten Ideen, gekleidet in oder geschmückt mit gefundene(n) Objekte(n) mischte der Bürgerschreck um die Jahrhundertwende erst Berlin, dann München und in den 1910er/20er Jahren New York auf und inspirierte Künstler von Man Ray über Hemingway bis Marcel Duchamp.

Manche behaupten sogar, es sei 1917 nicht Duchamps, sondern ihre für damalige Verhältnisse genial absurde Idee gewesen, ein umgedrehtes Urinal unter dem Titel „Fontaine“ und der Signatur „R. Mutt 1917“ für den Salon der Society of Independent Artists in New York einzureichen (nachdem die erklärt hatte, sie würde jedes Kunstwerk akzeptieren, solange der Künstler die Anmeldegebühr bezahlt).

Duchamps Begriff von der „Readymade Art“ war noch etwas Neues und die Aufregung groß, so wie bei Elsas und Morton Livingstons Skulptur „Gott“ (einen, auf ein Holzbrett montiertes auf den Kopf gestelltes Abflussrohr), bei dem Man-Ray-Film, in dem zu sehen war, wie sie sich die Schamhaare abrasiert, oder bei ihren als obszön verschrienen Gedichten (zwei – „A Dozen Cocktails Please“ und „Orgasmic Toast“ – am Ende der Bildreihe).

1923 kehrte die Dada-Baronin in der Hoffnung auf bessere Verdienstmöglichkeiten nach Berlin zurück, fand aber nur ein wirtschaftlich verwüstetes Nachkriegsdeutschland vor und ging, unterstützt u. a. von Peggy Guggenheimer, schließlich nach Paris. dort starb Elsa von Freytag-Loringhoven (der Name ihres dritten Ehemanns) 1927 mit 53 Jahren an einer Gasvergiftung (unklar, ob infolge eines Suizids oder Unfalls) und wurde auf dem Friedhof Père Lachaise begraben.

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Judith Kessler
Judith Kessler
Judith Kessler ist Sozialwissenschaftlerin, Redakteurin und Autorin mit den Schwerpunkten jüdische Migration, Gegenwartskultur und Biografieforschung.
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