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Montag, 13. Oktober 2025

Ein Dealer als Friedensengel?

Bemerkungen zu Trumps Friedensplan

Der Friedensnobelpreis ist sein sehnlichster Wunsch. Diesmal ist er an Trump, dem selbsternannten größten Dealmaker aller Zeiten (noch) vorbeigegangen. Er war schon vergeben, bevor er sein großes Friedenswerk, seinen 20-Punkte Friedensplan, für den Nahen Osten realisieren kann.

Der sieht als Voraussetzung für einen „ewigen Frieden“ zuerst die Befreiung der israelische Geiseln aus der Hölle der Hamas und die Beendigung der Zerstörung und des Tötens im Gazastreifen mit über 60.000 Toten durch die israelische Armee sowie die Entwaffnung der Hamas vor. Angesichts der scheinbar ausweglosen Situation ist diesem Kraftakt Erfolg zu wünschen.

Dennoch stellt sich die interessante Frage, was trieb Trump, als treibende Kraft dieses Wandels an, um mit einer totalen Wende seinen Ruf der Unkalkulierbarkeit als Markenzeichen gerecht zu werden? Ruft man sich in Erinnerung, was dieser Friedensengel noch im Februar über die Zukunft des Gazastreifens verkündete, dann kann man sich nur wundern.

Da fabulierte er im Beisein seines besten Freundes Netanjahu, ganz im Sinne eines Immobilieninvestors mit eigenen Geschäftsinteressen vom Neuaufbau und Neunutzung des Gazastreifens als „Riviera des Nahen Ostens“ im amerikanischen Besitz und einer Umsiedlung des dort lebenden palästinensischen Volkes bei gleichzeitiger Vertreibung der Palästinenser im Westjordanland durch israelische Siedler.

Zur Zeit sind seine diplomatische Allzweckwaffe, der Immobilieninvestor Steve Witkoff, begleitet von seinem Schwiegersohn Jared Kushner, der im gleichen Metier tätig ist, seine Chefunterhändler bei der Umsetzung seines 20 Punkte-Plans. Trump hat aus der engen Verbindung von Politik und auch seinen ganz eigenen Geschäftsinteressen bei seiner Vorliebe für „Deals“ nie ein Geheimnis gemacht. Im Gegenteil verkauft er das als den Grund seiner „Erfolge“.

Während Joe Biden als Verbündeter Israels Netanjahu angesichts der grausamen Bilder von den israelischen „Kollateralschäden“ in Gaza noch (erfolglos) zur Mäßigung und Einhaltung der Verhältnismäßigkeit der Mittel mahnte, schien Israels Rechtsregierung für ihre Expansionspolitik im Namen ihrer absoluten Sicherheit durch Vernichtung all ihrer Feinde, die das Existenzrecht Israels gefährden, mit Trumps Präsidentschaft freie Hand zu erhalten. Mit der US-Bombardierung der iranischen Atomanlage sah es nach einer konzertierten Aktion einer Neuordnung des Nahen Ostens zwischen USA und Israel aus.

Unklar blieb, wann Israel seine Ziele als erreicht ansieht. Mit der Befreiung aller Geiseln? Mit der totalen Vernichtung der Hamas und ihrer Verbündeten? Mit der Neuordnung des Nahen Ostens mit Israel als regionaler Ordnungsmacht durch Ausschaltung des Iran? So lange Israel die politische Rückendeckung aus Washington, die Finanzhilfen und die Waffenlieferungen aus den USA erhält, ist Israel nur durch die USA zu stoppen.

Unter diesen Voraussetzungen wurde Israels Rechtsregierung politisch immer ambitionierter. Von einer Zweitstaatenlösung der Palästinenserfrage war schon lange keine Rede mehr. Im Gegenteil, sie zu verhindern und für immer von der politischen Agenda zu vertreiben, war und ist das deklarierte Ziel Netanjahus und seiner rechtsradikalen Koalitionäre. Die Vorstellungen über die anzustrebende Größe Israels variieren zwar, aber das Ziel selbst ist im rechten Lager unstrittig.


Was Trump zur Wende brachte

Und nun kommt ein unerwarteter Kurswechsel aus dem Weißen Haus, wo machtpolitisch der Schlüssel zur Lösung der regionalen Probleme liegt. Auch der „großartige“ Netanjahu musste in kürzester Zeit erleben, dass im Verhältnis zu Trump höchstes Lob bei dem geringsten Vergehen schnell ins Gegenteil umschlagen kann, wenn man Gefahr läuft, den Plänen des Präsidenten nicht mehr zu genügen. Netanjahus Fehler war, dass er sich der strategischen Übereinstimmung mit Trump und der absoluten Rückendeckung durch die USA zu sicher war.

Sein entscheidender Fehltritt in dieser Beziehung war der Militärschlag in Katar gegen dortige Hamasführer. Das war der Tropfen, der auch für Trump das Fass zum Überlaufen brachte. Katar ist nicht nur ein wichtiger Vermittlungsstaat im Nahen Osten, er ist auch ein sehr wichtiger Verbündeter der USA im Nahen Osten und zusätzlich ein bedeutender Geschäftspartner des Präsidenten.

Letzteres ist ein Faktor, der – wie oben schon erwähnt – bei der Vermischung von Politik und Geschäft in der Person des US-Präsidenten von steigender Bedeutung ist. Netanjahu gefährdete mit seinem eigenmächtigen Verhalten die geopolitischen Interessen der USA. Für Trump wedelte hier der Schwanz mit dem Hund und der „großartige“ Netanjahu sank fast so tief wie der „großartige“ Elon Musk.

Hinzu kam aber noch, dass die grausamen Bilder vom israelischen Krieg in Gaza nicht nur die amerikanische Innenpolitik spaltete. Hier wird im Namen des Kampfes gegen Antisemitismus jede Kritik an Israels Regierung akribisch verfolgt, wo die Angriffen auf unliebsame, als „links“ eingestufte Universitäten die bekanntesten sind.

Problem für Trump ist, dass Israels Bombardierungen mittlerweile auch in seiner eigenen MAGA-Bewegung aus ganz anderen Gründen auf zunehmende Kritik stößt und die Frage aufwirft, was die bedingungslose Unterstützung Israels eigentlich mit „America first“ zu tun hat. Nachdem es Trump entgegen allen Versprechungen nicht gelang, Putin für sich so zu nutzen, wie er sich das vorgestellt hatte und an dieser Front eher wie ein Depp dasteht, konnte er sich eine weitere „Demütigung“ durch Netanjahus Alleingänge nicht mehr leisten.

Also warf Trump kurzerhand das Ruder herum. Anders als in Putins Ukrainekrieg hat die USA machtpolitisch im Nahen Osten alle Fäden fest in der Hand. Ohne die USA und gegen sie läuft hier nichts. Also ergriff Trump die Flucht nach vorn und nahm die Initiative für eine Beendigung des Krieges in die eigene Hand. Dass er damit vielleicht dem von ihm so begehrten Friedensnobelpreis etwas näher rückt, ist für sein Ego sicherlich ein zusätzlicher Faktor, aber man sollte ihn auch nicht übertreiben.

Ein wesentlicher Faktor des „20 Punkte-Friedensplanes“, der darin nicht auftaucht, war die öffentlichen Entschuldigung Netanjahus für den Militärschlag in Katar, die er aus dem Weißen Haus für die Weltöffentlichkeit verkünden musste, um dann mit Trump den Friedensplan zu verkünden.

Dieser Akt kittete nicht nur die Beziehung der USA zu Katar, indem klar gestellt wurde, dass der Schwanz nicht mehr mit dem Hund wedelt. Er war zugleich ein Signal an die Hamas, die Israels Zusagen prinzipiell nicht trauen, dass Trump es ernst meint und die Israelis zur Einhaltung der Verpflichtungen im Rahmen seiner weitreichenden Möglichkeiten zwingen kann und zwingen wird.

Neben Trumps Warnung gegenüber der Hamas, im Falle einer Weigerung zur Zustimmung des Friedensplanes drohe ihnen die „Hölle auf Erden“ (wofür dann wahrscheinlich Israels Armee zuständig wäre), war Trumps öffentlicher Druck auf Israels Regierung für die Hamas ein Lockmittel für die Hamas. Das alles entscheidende amerikanische Pfund ist diesem Konflikt ist die durchgreifende Sanktionsgewalt in der Region. Mit der in Aussicht gestellten Truppenpräsenz für die Absicherung des Waffenstillstandes demonstriert Trump zusätzlich das vitale Interesse der USA, die Region auch in ihrem Interesse zu stabilisieren.


Viele „Deals“ sind noch kein Frieden

In der festgefahrenen Situation ist die Initiative Trumps angesichts des Martyriums der israelischen Geiseln in der Hand der Hamasterroristen und des unübersehbaren Elends in Gaza ein Hoffnungsschimmer, dass das Gemetzel und die Zerstörungswut nicht nur eine Unterbrechung, sondern auch ein Ende findet. Doch bis dahin ist noch ein weiter Weg und der verlangt mehr als ein Deal oder ein paar davon. Hier wird sich zeigen, welche genaueren Vorstellungen von einer neuen Weltordnung in dieser Region Trump eigentlich verfolgt.

Auf der diesjährigen UNO-Vollversammlung Ende September hat er ja nicht nur die UNO als unfähig zur Problemlösung beschimpft, ohne zu erwähnen, dass die USA an der faktischen Schwäche der UNO nicht geringen Anteil haben, sondern auch durchblicken lassen, dass ihm die gesamte Weltordnung, für die sie steht, nicht gefällt. Dass Trump von internationalen Organisationen, Regimen und Regeln, multilateralen Arrangements nichts hält, ist nicht nur durch Worte, sondern auch durch Taten bekannt.

Dass Israels Regierung den Krieg gerne weiter geführt hätte, ist ebenfalls bekannt. Dem hat Trump nun ein Ende gesetzt. Israel könnte insofern als der Verlierer dastehen, weil es nun seine extensiven Sicherheitsinteressen in den Schatten der amerikanischen Interessen in der Region stellen muss. Und Trump hat durchblicken lassen, dass er allein dafür sorgen wird, dass es niemanden gut tun werde, gegen seinen Friedensplan zu handeln. Israel wird zudem mit einer dramatischen Minderung seines Prestiges weltweit leben müssen.

Die erfolgreiche Einbindung arabischer und muslimischer Staaten der Region in seinen Friedensplan erklärt Trump als Folge seiner „ großartigen Handelspolitik“. Wie aber aus seiner Vorliebe für bilaterale „Deals“ eine friedliche Ordnung, auch nur für eine abgrenzbare Region gezimmert werden soll und nach welchen „Verkehrsregeln“ das geschehen soll, bleibt vorerst noch sein Geheimnis.

Klar ist dagegen, dass sein Friedensplan – aus der Not geboren – kein Verhandlungsfrieden ist, der von allen beteiligten Akteuren ausgehandelt wird. Man könnte es einen „oktroyierten Machtfrieden“ nennen, den Trump eng an seine Person binden wird und wer dagegen verstößt, so ließ er schon verlauten, müsse mit harten Strafen rechnen. Wie daraus ein dauerhafter und stabiler, gar ein „ewiger Friede“ werden soll, ist momentan noch schwer vorstellbar. Aber angesichts des Leids lebt er zunächst davon, dass es besser ist als alles in den letzten beiden Jahren Erlebte und Erlittene. Wie lange das als Basis hält, bleibt abzuwarten.

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