Impulse aus der Hasestadt

13. bis 14. Januar 2024:
VfL-Bündnis empfängt Gleichgesinnte aus Nah und Fern

Dass Menschen aus Stadt und Region ein großes Herz für Lila-Weiße von der Bremer Brücke besitzen, ist auch andernorts kein Geheimnis. Umgekehrt zählt das Eingeständnis zur lila-weißen Ehrlichkeit, dass, allein vom Sportlichen her, mehr als zwei Dutzend anderer Fußballclubs meist häufiger im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehen. In einer Disziplin besitzt das VfL-Umfeld allerdings durchaus Erstligareife: Gemeint ist eine fundierte Erinnerungskultur, die auch dunkle Seiten der eigenen Vereinsgeschichte völlig offen aufarbeitet, um daraus für die Zukunft zu lernen.

Insbesondere das Osnabrücker Fanprojekt garantiert hier seit Jahren eine intensive sozialpädagogische Begleitung. Ein echter Höhepunkt lila-weißer Wertschätzung steht jetzt bevor: Am 13. und 14. Januar gastiert das bundesweite Fan-Bündnis „!Nie wieder“ in Osnabrück, um eine Auftaktveranstaltung für weitere bundesweite Aktivitäten im Sinne antifaschistischer Erinnerungskultur durchzuführen.
Die OR, versprochen, wird darüber fortan regelmäßig berichten.


Bundesweiter Blick auf die Friedensstadt

Nicht zuletzt die zahlreichen Aktivitäten des Bündnisses „Tradition lebt von Erinnerung“ sind es, die das Wertegerüst des VfL Osnabrück in der jüngsten Vergangenheit entscheidend geschärft haben. Waren es im Stadion noch vor wenigen Jahrzehnten ekelige „Asylanten“-Sprechchöre, rohe Gewalt irregeleiteter „Fans“ und ein selbstherrlicher Präsident, der sein persönliches Firmenlogo auf Verein wie Stadionnamen stülpte, hat sich inzwischen viel in das exakte Gegenteil verwandelt. Wie selbstverständlich läuft die Mannschaft schon mal mit einem „Gegen Rechts“ auf der Trikotbrust auf. Regelmäßig engagieren sich auch Spieler des Kaders für Inklusion, Geflüchtete und weitere soziale Projekte. Antisemitismus, Rassismus bis hin zur Homophobie werden von einer breit getragenen Fan-Mehrheit abgelehnt.

Regelmäßig zählen Transparente wie „Nie wieder Faschismus“  zur Grund-Choreografie der Ostkurve und der dort beheimateten Violet Crew. Mit Stolz verweisen etliche Vereinsverantwortliche darauf, dass ein Großteil jenes Weges, den Fans bei Heimspielen rund um die Brücke beschreiten, nach Felix Löwenstein und damit nach einem im KZ ermordeten früheren VfL-Funktionsträger benannt ist. Kann es ein schöneres Profil zum 125-jährigen Vereinsbestehen in diesem Jahr geben? Und auch am 27. Januar dieses Jahres dürfte beim Heimspiel gegen den SC Paderborn am 27. Januar 2024 an die Befreiung des KZ Auschwitz erinnert werden.

Auszeichnung anno 2019 in Frankfurt/Main. Von links nach rechts: der damalige VfL-Präsident Manfred Hülsmann, Werner Lager, Lisa Roggenkamp, Michael Aschmann, Ralf Dierker, David Kreutzmann, Berni Lanfer und Heiko Schulze. Foto: Homepage des VfL.

Schon seit vielen Jahren hat sich das Engagement des VfL-Bündnisses „Tradition lebt von Erinnerung“ bundesweit herumgesprochen. Nicht von ungefähr wurde dem Bündnis, das vom Fanprojekt, der VfL-Fanabteilung und dem VfL-Museum sowie der Violet Crew getragen wird, anno 2019 der bundesweit renommierte Julius-Hirsch-Preis des DFB in Frankfurt verliehen. https://www.vfl.de/tag/julius-hirsch-preis/ 


Jüngster Arbeitsschwerpunkt: Fußballfeld und Zwangsarbeit

Fußballfeld und Zwangsarbeit? Was hat denn hier das eine mit dem anderen zu tun? Das VfL-Bündnis hat diese Frage, woanders vielbeachtet, mit eigenen Forschungen beantwortet: Inmitten des legendären, bis 1939 als VfL-Stadion genutzten Platzes an der Gartlage befand sich wenige Jahre später ein Lager für Männer und Frauen, die streng bewacht und unmenschlich behandelt, zur Zwangsarbeit in Osnabrücker Betrieben gezwungen waren. Die OR hat darüber bereits mehrfach berichtet. Besonders ausführlich ist alles hier nachzulesen.

Einen rasanten Schub erfuhr die Arbeit des Bündnisses, indem sich ein ungemein kreatives Bündnis mit dem hiesigen Verein Gedenkstätten Gestapokeller und Augustaschacht ergab. Es dauerte nicht lange, dass die darauf aufbauenden Aktivitäten weiter überregional beachtet wurden. Höhepunkt der bisherigen Arbeit war, dass mittlerweile in Räumlichkeiten der Gedenkstätte Augustaschacht mehrere hauptamtlich eingestellte Forscherinnen und Forscher der Frage nachgehen, wo überall sich deutschlandweit, auch Österreich wird untersucht, ähnliche Dinge zugetragen haben. „Von einem Ort des Jubels zu einem Ort des Unrechts. Zwangsarbeitslager auf Fußball- und Sportplätzen“ lautet der offizielle Name des Forschungsprojekts, die bereits jetzt schon wertvolle Erkenntnisse darüber gewinnen konnten, dass das ehemalige Fußballfeld in Osnabrück bei weitem nicht der einzige Sportplatz gewesen ist, der zu einem Zwangsarbeitslager wurde.


Das Programm am 14. Januar

Einen Schwerpunkt des Programms wird aus besagten Erwägungen das Schicksal von Zwangsarbeitenden in der NS-Zeit einnehmen. Denn nicht nur in Osnabrück sind jene über eine viel zu lange Zeit fast vergessen worden. Dies geschah, obwohl bis 1945 nachweislich Millionen von Menschen unter teils unwürdigen Bedingungen in Zwangsarbeitslagern leben mussten.

Foto: Archiv

Neben einem Einstiegsreferat von Dr. Christine Glauning (Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit) wird das bereits oben genannte Projekt “Von Orten des Jubels zu Orten des Unrechts” seine Arbeit und aktuelle Forschungsergebnisse vorstellen. Natürlich wird auch die Geschichte der “Gartlage” als ehemalige Spielstätte des VfL Osnabrück und späterer Ort eines Zwangsarbeiterlagers erläutert.

Aufgrund der Ereignisse in Israel am dem 7. Oktober ist man bundesweit schnell übereingekommen, „Antisemitismus“ in der Folgezeit zum bundesweiten Schwerpunktthema zu machen. Mit der Veranstaltung in Osnabrück startet die 20. Kampagne des „Erinnerungstages im deutschen Fußball“. Seit exakt jenen 20 Jahren engagiert sich die Initiative “!NieWieder” gegen das Vergessen, für eine würdige Gedenkkultur und ein Stadion ohne Diskriminierung.

Dies zur Erinnerung: Am 27. Januar 1945 wurde das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau befreit. Weil auch der Fußballsport eine wichtige Rolle in der Gesellschaft spielt und Verantwortung trägt, gedenken zahlreichen Fangruppen, Initiativen und engagierte Vereine jedes Jahr um jenen Gedenktag herum der verfolgten, deportierten und ermordeten Menschen. “Nie wieder Auschwitz!” – das ist der Auftrag und die Bitte der überlebenden Zeitzeug:innen an die „Nachgeborenen“, dem sich somit auch das VfL-Bündnis “Tradition lebt von Erinnerung” verpflichtet fühlt.


Rahmenprogramm und Vortagesangebot

Im Rahmenprogramm der Tagung wird die überregional bereits erfolgreich präsentierte Ausstellung „Anpassung, Ausgrenzung, Instrumentalisierung. Fußball in der NS-Zeit“ gezeigt, die hochinteressante Einblicke in das Sportgeschehen im „Tausendjährigen Reich“ vermittelt. Gezeigt wird alles im Pferdestall des Museums Industriekultur.

Für den Abend des 13.01.2024 wird ab 18:00 Uhr ein Pre-opening Programm organisiert. Treffpunkt für vorher angereiste Gäste und weitere Interessierte ist hier der Friedenssaal im Rathaus der Stadt Osnabrück – Empfang und Führung durch das Haus inbegriffen. Danach geht es zum Markt und in das Remarque-Friedenszentrum. Im Anschluss wird es einen Stadtrundgang zunächst zum Museumsquartier, anschließend zu Orten jüdischer Geschichte Osnabrücks und dem Gedenken an die NS-Zeit geben.


Weitere Infos und Anmeldung

Zur Teilnahme an der Veranstaltung im Piesberger Gesellschaftshaus wird um eine Anmeldung über die Homepage des Fanprojekts  gebeten. Alle weiteren Infos folgen nach der Anmeldung.

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