Emilie Schindler, geb. Pelzl (*22. oktober 1907) stand zeitlebens im Schatten ihres berühmten Mannes Oskar …
… doch ohne sie hätten viele „Schindler-Juden“ nicht überlebt.
Beide stammten aus Mähren und hatten sich 1926 auf dem Gutshof von Emilies Eltern kennengelernt. Nur wenige Monate später heirateten sie und wohnten in Oskars Elternhaus. Der verprasste Emilies Mitgift bald für Wein, Weib, Gesang und für teure Sportwagen. Doch trotz seiner ausschweifenden Lebensart und all seiner Affären, die auch später nicht weniger wurden, ließ Emilie sich nie von ihm scheiden. auch, als er nach Krakau ging, um seine Emaillewarenfabrik zu betreiben, Geschirr und Bestecke, später Granaten und Patronenhülsen herstellen ließ, und für die deutsche Abwehr arbeitete, fuhr sie zweimal die Woche zu ihm und unterstützte ihn durch Botengänge und Hilfsdienste.
1941 zog sie ganz zu Oskar nach Krakau. Der hatte inzwischen seine Firma mehrmals erweitert und beschäftigte dort bald um die 3.500 Menschen, darunter 1.000 juden, bei deren Versorgung und Verpflegung Emilie half. Nachdem Sschindler im Herbst 1943 mit Geld und Geschenken den korrupten Sadisten Amon Goeth dazu gebracht hatte, ihm weitere jüdische Häftlinge aus dem Arbeitslager Płaszów für die die Rüstungsproduktion in seiner „Fabryka Emalia“ zur Verfügung zu stellen, war es wieder Emilie, die sich um die „Basics“ kümmerte.
Als wegen des Näherrückens der Roten Armee die Produktion Anfang 1944 von Krakau ins Rheinland oder an den Bodensee verlegt werden sollte, entschieden Oskar und Emilie Schindler gemeinsam, das abzulehnen; ihr Weggang hätte die Deportation ihrer jüdischen Belegschaft nach Auschwitz bedeutet. Und als Schindler seine Rüstungsfabrikation im August 44 mit zunächst 799 seiner Arbeiter in das nähere böhmische Brünnlitz verlagern konnte, war es Emilie, die die Genehmigung dazu gegen den Widerstand des Heereswaffenamtes in Berlin durchsetzte – beim NSDAP-Kreisleiter Julius Hönig, der früher ihr Schwimmlehrer gewesen war. Die „Emalia“ produzierte indes in Krakau weiter. Nachdem es Schindler mithilfe von Bestechung und der Abwehragentin Hilde Heggersfeld-Schwidde gelungen war, 300 seiner nach Auschwitz deportierten Arbeiterinnen aus dem Lager und nach Brünnlitz zu holen, waren er und seine Frau plötzlich für fast 1.700 Menschen, 1.100 Juden plus polnische und tschechische Arbeiter verantwortlich. obwohl es bei der inzwischen prekären Versorgungslage im „Reich“ immer schwieriger wurde, Lebensmittel heranzuschaffen, gelang Emilie auch das.
Ihre wohl größte Heldentat aber fand im Januar 1945 statt. Da war ein Transport von über 100 jüdischen KZ-Häftlingen aus einem Bergwerk bei Golleschau, aus bis heut nicht ganz geklärten Gründen, in Brünnlitz gestrandet, und die Insassen, die bereits drei Wochen ohne Verpflegung in vereisten Viehwaggons eingepfercht waren, sollten ermordet werden, wenn sie in keiner Fabrik als Arbeitskräfte aufgenommen würden. Oskar Schindler war wieder mal auf Reisen (und zu der Zeit außerdem schwer depressiv). da erteilte Emilie, so Itzhak Stern, die Anordung, die Halbverhungerten aufzunehmen. Sie organisierte ein Notlazarett, ließ die auf dem Transport Verstorbenen auf einem eigens angelegten Friedhof nach jüdischem Ritus bestatten, schaffte Lebensmittel auf einem Wehrmachts-LKW ran, den sie selber fuhr, und besorgte im Tausch gegen Wodka dringend notwendige Medikamente. Der jüdische Arzt Aleksander Biberstein später: „Frau Schindler arbeitete ohne Pause. Es verging kein Tag, an dem sie die erkrankten Gefangenen nicht besucht hätte. Sie überreichte ihnen ihre kostbaren Vorräte an Milch und Grieß.“
Am 9. Mai 1945 teilte Oskar Schindler den versammelten Arbeitern und den SS-Wachmannschaften die bedingungslose Kapitulation des „Dritten Reiches“ mit und verließ mit seiner Frau und einigen jüdischen Arbeitern Brünnlitz Richtung Westen. In Regensburg wollten sie ein neues Leben anfangen, doch das misslang. Sie waren auf Unterstützung der jüdischen Hilfsorganisation „Joint“ angewiesen, lebten von Care-Paketen und wurden angefeindet; Emilie wurde einmal sogar in der Stadt aus einem Eimer mit einer stinkenden Flüssigkeit übergossen. Schließlich nahmen sie das Angebot des „Joint“ an und gingen 1949 nach Argentinien (mit an Bord des Schiffes, das sie dorthin brachte: Oskars Geliebte Gisa Schein). Mit Vermittlung der jüdischen Gemeinde in Buenos Aires konnten die Schindlers den Gutshof „Magnolia“ kaufen. Emilie züchtete dort Geflügel und Nutrias, während Oskarchen das sauer verdiente Geld mit seinen üblichen Vergnügungen durchbrachte, bis zur neuerlichen Ppleite 1955. Als er 1957 nach Deutschland reiste, um Ansprüche aus dem Verlust der Firma in Brünnlitz geltend zu machen (das Lastenausgleichsgesetz war inzwischen in Kraft) und nie wiederkam, ließ er seine Frau mit einer Million Pesos Schulden sitzen (rund 233.000 DM); 1961 musste sie „Magnolia“ verkaufen. Zum Glück stiftete ihr eine Loge der „Bnai b’rith“ eine kleine monatliche Ehrenpension und ein Häuschen in San Vicente, in dem Emilie bis zu ihrem Umzug in das deutsche Altersheim „Los Pinos“ wohnte.
Während Oskar Schindler, (zurecht) hochgeehrt und weltbekannt wurde und 1974 starb, lebte Emilie noch immer zurückgezogen in Argentinien. Ihre Geschichte wurde erst öffentlich, nachdem sie 1990 die Journalistin Erika Rosenberg kennengelernt und gemeinsam mit ihr ihre eigenen Erinnerungen aufgeschrieben hatte. Und natürlich trug „Schindlers Liste“ dazu bei, auch wenn sie in Spielbergs Film nur eine Randfigur ist. 30 Jahre nach Oskar Schindler wurde auch seine Witwe mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt (sie „zweiter Klasse“), Yad Vashem nahm sie in die Liste der „Gerechten unter den Völkern“ auf, und 1995 empfingen sie Johannes Paul II. und Bundespräsident Roman Herzog.
Emilies letzter Wunsch war es, ihren Lebensabend in Deutschland zu verbringen. Dazu setzte sie sich 2001, mit 93 Jahren, noch einmal in den Flieger. Nach einer Woche mit Empfängen in Bonn und Berlin erlitt sie jedoch einen Schlaganfall, an dessen folgen sie am 5. Oktober 2001 in einem Klinikum in Strausberg bei Berlin verstarb.
Beibe sie unvergessen!