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Zur Aufführung der „Probebühne“ von Martin Heckmanns „Mein Herz ist rein“

Auch auf kleiner Bühne bestens!

Dass die „Probebühne“ seit vielen Jahrzehnten zu den Perlen der Osnabrücker Kulturszene gehört, wussten Theaterfreunde schon immer. Dieses großartige Amateurtheater residiert eigentlich in einem Haus in der Wiesenstraße und verfügt dort über 99 Sitzplätze. Wegen dringender Renovierungsarbeiten, die momentan aber aus unbekannten Gründen stocken, ist das Ensemble zwar „wohnungslos“, aber mit dem „Ersten unordentlichen Zimmertheater“ in der Lohstraße hat man einen Ersatzspielort gefunden – wenn auch mit nur etwas mehr als dem Drittel der Zuschauerplätze des Stammhauses.

Zum Auftakt des erzwungenen Umzuges startet die Probebühne dort mit Martin Heckmanns „Mein Herz ist rein“ in der professionellen und außerordentlich gelungenen Inszenierung des Duos – so etwas geht also auch in der Regie – Ellen Moschitz-Finger und Gerrit Loets. Die kurzweilige sechzig Minuten-Komödie wird nicht von einer spannenden Handlung getragen, sondern in der Kammerspielatmosphäre finden sich die Zuschauer und Zuschauerinnen in der Schlangengrube der dort versammelten drei Elternpaare, die über plötzlich auftauchende vermeintliche Probleme mit ihren pubertierenden Kindern zusammengeführt werden, schnell wie zu Hause in ihrem eigenen Alltag in den aufgebotenen Charakteren wieder.

Heckmanns 2004 in Dresden uraufgeführtes Stück wir hier zwar erst zum zweiten Mal gespielt, aber das sagt nichts über die Qualität dieser immer noch die Stimmungslagen einer kulturell verunsicherten und nach Halt suchenden Mittelschicht in ihrer ganzen Bandbreit reflektierenden Komödie aus. Das Stück gewinnt neben der vortrefflichen Inszenierung vor allem durch die ausgezeichneten schauspielerischen Leistungen. Alle dort aufgeführten Rollenmuster und deren Metamorphosen werden ohne jeden Klamauk oder aufgesetzten Humor plausibel dargestellt. Beim Publikum werden so Wiedererkennungseffekte provoziert und ermöglicht.

Hannes Nega, der den Part des zuweilen ins klischeehafte neigenden chauvinistischen, dem Konkurrenzprinzip huldigenden Eventmanagers kunstvoll wie ein Profi im Rahmen hält und seine dem bildungsbürgerlichen Milieuerwartungen nicht immer gerecht werdende wesentlich jüngere Freundin, die Kora Blanken unbekümmert voller Komik in Szene setzt, bilden das eine Paar. Ihnen steht als konventionell orientiertes Exemplar moderner Familie eine Steuerberaterin, die in ihrer Verklemmtheit und aus der Zeit gefallenen konservativen Grundeinstellung – mit Bezug zum Kreuz – von Nadine Math perfekt zelebriert wird gegenüber. Ihr Gatte, gespielt von Manuel Pietras, verkörpert als Lehrer für Deutsch und Musik den frustrierten Bildungsbürger, der beruflich wie privat offenkundig schon mal andere Lebensentwürfe hatte, als er an der Seite seiner Ehefrau realisieren konnte.

Den dramaturgisch stärksten Part des Stückes übernimmt Christian Walter bravourös in der Rolle des „Bio-Energetik-Therapeuten“ Ludger Küster, dessen Gattin wegen einer Bandprobe abwesend bleibt. Ihm ist es vorbehalten in herausragender, einzigartiger Weise den anderen Protagonisten als ein Reflektor zu dienen, der ihnen ihre eigenen Widersprüche aufzeigt und dabei seine eigenen gleich mitliefert.

Dass am Ende der Krisensitzung nach fortgeschrittenem Rotweinkonsum alles eine einer Komödie entsprechendes Ende nimmt, dafür sorgt der kurze, aber umso fulminantere Auftritt von Stefanie Mundt als Tochter des Hauses. Die Eltern sind nicht nur betrunken und alles in allem sind alle Fragen über das gute und richtige Leben wieder offen. Aber für die Zuschauer war es ein köstlicher Abend.

Weitere Aufführungen finden am 20. Januar, den 3.,17., und 24. Februar; 3., 12.,17., und 24. März jeweils um 20 Uhr im „Ersten Unordentlichen Zimmertheater Osnabrück“ in der Lohstr. 45a statt. Auskünfte und – sofern noch vorhanden – Tickets: zimmertheater-online.de

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