Einweihung eines neuen Gedenkorts am Limberg
Osnabrücks facettenreiche Erinnerungskultur besitzt einen neuen Gedenkort. Wie ähnliche Orte erinnert er an Krieg und NS-Verbrechen. Zu finden ist er am südlichen Ende des künftigen Gewerbegebiets Limberg. Eine enge wie modellhafte Zusammenarbeit des Vereins Gedenkstätten Gestapokeller und Augustaschacht mit Auszubildenden von KME und Osnabrücker Servicebetrieb (OSB) ebnete den Weg zur neuen Erinnerungsstätte. Informiert wird dort mit Hilfe einer Informationstafel an den 1935 bis 1945 existierenden Rüstungsbetrieb der Teuto-Metallwerke GmbH.
Eingeweiht wurde die antifaschistische Erinnerungsstätte exakt einen Tag nach den unsäglichen Wahltriumphen der rechtsextremen AfD in Sachsen und Thüringen. „Präziser hätten wir den Termin nicht wählen können“, brachte es Oberbürgermeisterin Katharina Pötter bei ihrer informativen Einführungsrede auf den Punkt.
In der Tat gibt es eine Menge Gründe, die Teuto-Metallwerke, seinerzeit Zweigbetrieb des damaligen Kupfer- und Drahtwerks (OKD, heute KME), als Ort nationalsozialistischer Verbrechen anzusehen. Eine massive Produktion von Kriegsmunition trug dort dazu bei, die von Nazi-Deutschland entfachten Kriegsverbrechen zu verstärken. Eingepfercht in die Werksumrandung waren seinerzeit Zwangsarbeitende, die ihr Dasein unter elenden Umständen fristen mussten.
1943 war im Werk mit fast 1.800 Beschäftigten der Personalhöchststand erreicht worden. Viele von ihnen waren vorwiegend Frauen aus der damaligen Sowjetunion, insbesondere aus der heutigen Ukraine, aber auch Männer wie Frauen aus den Niederlanden oder aus Frankreich. Leben mussten alle zumeist in stickigen Baracken mit teilweise bis zu 40 Menschen, die zuvor unter anderem auf dem ehemaligen VfL-Platz in der Gartlage errichtet worden waren. 12 Stunden Arbeitszeit bis hin zum Sonntag, Mangelernährung, Rechtlosigkeit, Gewaltexzesse, Rassismus und Angst bestimmten den Alltag der Menschen.
Mitglieder des VfL-Bündnisses „Tradition lebt von Erinnerung“ haben sich seit Jahren vertiefend mit der Historie von Lager wie Rüstungsbetrieb befasst und Aktivitäten veranstaltet. Die OR hat darüber verschiedentlich berichtet.
Originaltöne einer früheren Zwangsarbeiterin
Bewegend wirkte auf das Publikum vor allem ein gemeinsamer Beitrag von Nils Kolodzey vom Gedenkstättenverein und von Jella Flemming. Während Nils Kolodzey die bereits von Katharina Pötter skizzierte Geschichte des Ortes vertiefte, zitierte Jella Flemming aus den Erinnerungen der ukrainischen Zeitzeugin Antonina Vasilijewna Sidoruk. Besonders beeindruckend wirkten deren Berichte über zwei damalige Freundinnen, die beide durch die unmenschlichen Arbeitsbedingungen ihr Leben verloren. Eine der Freundinnen war im Winter auf dem Weg zur Arbeit in einen Wassergraben gerutscht. Sie musste in durchnässter Kleidung weiterarbeiten, zog sich deshalb eine Erkrankung zu und starb daran – auch aufgrund fehlender medizinischer Betreuung. Eine andere Freundin Sidoruks, die unter einem epileptischen Anfall litt, ist allein deshalb von ihren NS-Aufsehern mit Schlägen und Tritten ermordet worden.
Als britische Truppen am 4. April 1945 die Zwangsarbeitenden befreit hatten, begann in der späteren Zeit die Demontage des Werkes, auf dessen Gelände fortan für Jahrzehnte ein britisches Kasernengelände seine Heimstatt finden sollte.
Stiller Zeuge der Werksgeschichte bleibt heute ein sogenannter Ein-Mann-Bunker (Splitterschutzzelle) aus Betonteilen, der aus Sicherheitsgründen mit einem von den Auszubildenden errichteten Zaun umgeben ist. Für diejenigen, welche den Gedenkort besuchen möchten: Die Erinnerungsstätte befindet sich am Icker Weg zwischen der Zufahrt zur Sportstätte Am Zuschlag und dem nördlich davon ausgebauten Kreisverkehr.