Baracken, Leichenkeller und ein Splittergraben?

Archäologische Fundstelle am Bröckerweg wartet weiter auf eine künftige Erschließung

Schon vor mehr als 15 Jahren wies der damalige Stadt- und Kreisarchäologe Bodo Zehm in einem Fachbeitrag auf eine archäologische Fundstelle hin, die es verdient, im Zuge weiterer Archivrecherchen und Sondierungen aus ihrem Schattendasein herausgehoben zu werden. Sie liegt westlich der Iburger Straße, nahe dem Bröckerweg, inmitten eines üppig zugewachsenen „Vogelschutzgebietes“. Hier ruhen Überreste baulicher Zeugen des Krieges, die unverändert nach weiteren Untersuchungen schreien.

Offenkundig gab es hier ein heute makaber anmutendes Gebäude-Ensemble. Es bestand aus zwei Baracken, die als „Hilfskrankenhaus für Ostarbeiter“ samt „Leichenkeller“ dienten und einem sogenannten Splittergraben, der mutmaßlich einen Schutz für Wachpersonal und Angehörige des „Volkssturms“ bilden sollte.

Als Splittergraben gilt ein Luftschutzbauwerk, das seinen Insassen im Kriegsfall den Schutz vor Trümmern, Splittern und Gaseinwirkung bieten konnte. Jene Splittergräben wurden grundsätzlich ohne bombensichere Fundamente geplant und gebaut. Dadurch konnten diese in relativ kurzer Zeit fertiggestellt werden, was insbesondere angesichts der zahlreichen Bombenangriffe auf Osnabrück, zum Schluss wegen des Anmarsches britischer Truppen, nötig war.

Die Konstruktion und der Bau von derartigen Luftschutz-Deckungsgräben erfolgte in zahlreichen Varianten, wobei es sich sowohl um massive Gebäude mit Betondecke als auch um einfache, zickzackförmig verlaufende Erdgräben nach dem Prinzip der „Schützengräben“ handeln konnte. Die genannten Gräben besaßen für gewöhnlich mindestens zwei Zugänge, manchmal zusätzlich noch einen Notausstieg.

Heute zwitschern Vögel

Heute umrankt das Schölerberger Areal ein völlig unverdächtiges Vogelschutzgebiet, in denen gefiederte Freunde einen ruhigen Schutzraum für sich und ihre Nester finden. Vergessen worden ist dabei im Laufe der Jahre allerdings, dass hier eine Lehrstelle der Osnabrücker Kriegsgeschichte unverändert auf ihre Entdeckung, Dokumentation und Sicherung wartet.

Dem verstorbenen Historiker Volker Issmer ist der Hinweis auf jene Fundstelle zu verdanken, die innerhalb der Denkmallandschaft des Osnabrücker Landes offenbar einzigartig dasteht und Anlass zu weitergehenden Fragen hinsichtlich des denkmalpflegerischen Umgangs mit derartigen Hinterlassenschaften gibt. Bodo Zehm wusste gegenüber der OR mehr zu berichten:

„Insgesamt handelt es sich um ein Areal im Randbereich eines ehemaligen Steinbruchs, dessen letzte Nutzung in die Kriegsjahre bis 1945 fallen dürfte. Da von einer planmäßigen Anschlussnutzung dieser Fläche abgesehen wurde, entwickelte sich dort in der Folgezeit wildwüchsig eine üppige Baum- und Stauchflora, die die eventuell noch vorhandenen baulichen Relikte den Blicken der unmittelbaren Nachbarschaft entzog. Das Areal wurde wohl in den 1950er Jahren zum Vogelschutzgebiet erklärt, einem bis heute gültigen Status.“

 

Fundamente deuten auf ihre Ursprünge

Nach den archivarischen Unterlagen, die damals Volker Issmer zur Verfügung gestellt hatte, sind dort 1943 zwei Baracken als „Hilfskrankenhaus“ für erkrankte „Ostarbeiter“ (Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene) errichtet worden. Eine davon fungierte sogar als Isolierstation mit „Leichenkeller“. Zehm: „Offensichtlich sind seit damals nur die Wand- und Dachkonstruktionen abgebaut worden. Die heute vor Ort noch erhaltenen Fundamente sind zwar stark von Bodenvegetation durchzogen, aber im Zusammenhang mit den leicht erhobenen Hauspodesten gut erkennbar.“

Als kaum verändert gilt dagegen der Erhaltungszustand einer dazugehörigen Anlage im westlichen Hofbereich der ehemaligen Krankenbaracken (siehe Grundriss). Hier verlaufen vier kurze, maximal 20 Meter lange Abschnitte eines vier bis sechs Meter breiten Grabens rechtwinklig zueinander. Alles kann man getrost nach dem Prinzip eines Schützengrabens erklären. „Die Einzelabschnitte“, so Zehm, „sind offenkundig aber nur flach eingetieft und durch hochkant quer in den Graben gestellte Betonplatten in kleinere, unregelmäßig lange Unterabschnitte aufgeteilt worden.“

Volker Issmer hat seinerzeit vermutet, dass es sich um einen Splittergraben zum Schutz der aus Volkssturmangehörigen zusammengesetzten Wachmannschaft handelte. Was Hoffnung für weitere Erkundungen weckt: Die heutige Situation scheint noch weitgehend dem ursprünglichen Zustand zu entsprechen. Die Ausnahme bildet allein eine zwischenzeitlich eingetretene „Kipplage“ der 1,2 bis 1,8 Meter hohen Betonplatten.
„Nach einem detaillierten Aufmaß des Splittergrabens im Dezember 2006 sind unverändert keine weiteren archäologischen Untersuchungen geplant, zumal auch eine Änderung des derzeitigen Geländestatus bis heute nicht vorgesehen ist“, weiß Zehm zu berichten.

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