VfL-Fans befassten sich mit Opfern nationalsozialistischen Terrors
Deutlich über 300 Stolpersteine sind bislang in der Friedensstadt Osnabrück gelegt worden. Recht viele davon finden sich vor Gebäuden im Stadtteil Schinkel. Grund genug für das lila-weiße Bündnis „Tradition lebt von Erinnerung“, am Abend des 5. November Stolpersteine rund um das Kultstadion Bremer Brücke aufzusuchen. Mehr als 30 teilnehmende VfL-Fans und weitere Interessierte bewiesen, dass Antifaschismus zu den prägenden Grundwerten der VfL-Fanszene zählt und immer wieder fantasievoll praktiziert wird.
„Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist“, heißt es im Talmud, einem der bedeutendsten Schriftwerke des Judentums. Diesen Satz beherzigte der Kölner Künstler Günter Demnig, als er vor der Jahrtausendwende die Idee kreierte, sogenannte „Stolpersteine“ zu setzen. Erinnern sollen sie an Menschen, die bis 1945 von Nationalsozialisten aufgrund ihrer politischen Haltung, ihrer Kultur oder Religion ermordet wurden. Platziert wurden sie jeweils am letzten Wohn- oder Wirkungsort der Opfer.

In Osnabrück hatte es lange gedauert, bis im Stadtrat eine rot-grüne Ratsmehrheit das Projekt Stolpersteine, damals vor allem gegen die CDU-Fraktion, umsetzen konnte. Seit November 2007 konnten endlich die ersten Osnabrücker Stolpersteine verlegt werden. Zwischenzeitlich wird das Projekt von allen Ratsfraktionen ebenso breit getragen wie in weiten Bereichen der Osnabrücker Bürgerschaft. Schulklassen, Einzelpersonen wie auch heutige Bewohner*innen der jeweiligen Gebäude zählen zur imposanten Liste der Spenderinnen und Spender. Denn Stolpersteine, so deren Selbstverständnis, sollen ein bürgerschaftliches Projekt sein und basieren auf privat finanzierten Steinen.

Putzmittel, ein Wischlappen und ein Kniekissen, bereitgestellt vom VfL und durch das hiesige Fanprojekt, zählten zur Grundausstattung der Teilnehmenden. Zum Ablauf eines jeden Halts an Stolpersteinstationen zählte es, jeweilige Stolpersteine durch deren Reinigung wieder sichtbarer zu machen und Kurzbiografien der geehrten Opfer zu verlesen. Kundige Begleitpersonen erweiterten das Wissen immer wieder durch Zusatzinformationen.
Naturgemäß hinterlassen Stolpersteinbesuche immer dann einen tiefen Eindruck, sobald es gelingt, einen kleinen Einblick in das Leben und Sterben der jeweiligen NS-Opfer zu vermitteln. Ausgewählt wurde beispielsweise das erschütternde Schicksal einer komplett ausgelöschten Familie. Dabei handelte es sich um jene mit dem Nachnahmen Strauss, wohnhaft in der Schützenstraße 24. Sechs Familienmitglieder wurden allein deshalb Opfer des nationalsozialistischen Rassenwahns, weil sie zur Gruppe der Sinti zählten.
Anita Frankenberg, geborene Beckmann, wohnhaft in der Thomasburgerstraße 35, wurde schlichtweg als „asozial“ stigmatisiert und unter anderem deshalb im KZ Ravensbrück umgebracht, weil man ihr Beziehungen zu nichtdeutschen Zwangsarbeitern vorwarf. August Lümkemann, Mittelburgstraße 7, Wilhelmine Grabow aus der Oststraße 28, August und Lina Lümkemann aus der Mittelburgstraße wurden Opfer der NS-Krankenmorde, denen vor allem Menschen mit gesundheitlichen Handicaps zum Opfer fielen. Max Kowalski, wohnhaft am Bruchdamm 15a, wurde allein deshalb drangsaliert, gefoltert und ermordet, weil er überzeugter Kommunist war.
Ein gemeinsames rustikales Essen rundete den beeindruckenden Abend ab. Alle Teilnehmenden gaben sich das feste Versprechen, derartige Aktionen gegen Krieg und Faschismus unbeirrt fortzusetzen.