Montag, 11. November 2024

OR-Serie „Widerstand im Osnabrück der NS-Zeit“ – Folge 25: Anni Löwenstein

Die OR-Serie „Widerstand im Osnabrück der NS-Zeit“ (am Ende dieses Textes finden sich Links zu allen bislang erschienenen Folgen dieser Serie) widmet sich einem spannenden, aber bisher kaum bekannten Thema: Sie erinnert an mutige Menschen, die sich aktiv dem Naziterror und seinen menschenverachtenden Ideen widersetzt und dafür ihr Leben riskiert haben.

 

Anni Löwenstein
Auschwitz als „Feindpropaganda“: Anni Löwenstein und ihr Mut zur Wahrheit

Das tragische Schicksal Felix Löwensteins (1884-1945), der recht spät geehrt wurde und dessen Name mittlerweile einen von VfL-Besucher*innen vielfach genutzten Weg rund um das Osnabrücker Stadion Bremer Brücke ziert, wurde auch schon in der OR ausgiebig beleuchtet.

Löwensteins Frau Anni wiederum ist anhand ihrer Taten weit mehr als die klassische „Frau an seiner Seite“. Sie zählt in der NS-Zeit in Wahrheit zu jenen Menschen, die bereit sind, ihr eigenes Leben mit großem Mut aufs Spiel zu setzen, um Unrecht anzuprangern. In der Endphase des Krieges zählen Anni wie ihr Sohn Max Löwenstein sogar zu jenen Menschen, die bereits vor Felix inhaftiert werden. Von dessen tragischem Tod im KZ Sandbostel werden sie erst Monate nach Kriegsende erfahren. Das Sterben von Felix wird nicht das einzige tragische Familienereignis bleiben.


Die Löwensteins: eine engagierte Familie

Anni trägt den Geburtsnamen Heedrich und wird am 29. Januar 1886 in Hoya an der Weser geboren. Bis zur Endphase des Krieges leben Anni Löwenstein, ihr Mann Felix und Sohn Max makabrer Weise ausgerechnet am Adolf-Hitler-Platz, dem vormaligen und auch heutigen Neumarkt. Ihre Wohnstätte trägt die Hausnummer 4. An Felix erinnert dort ein sogenannter „Stolperstein“, der auf den ehemaligen Inhaber einer Engros-Schlachterei und VfL-Funktionsträger hinweist. Wiederholt suchen Mitglieder der VfL-Gemeinschaft „Tradition lebt von Erinnerung“ Löwensteins Stolperstein auf. Er ist dann der alljährliche Ausgangspunkt von Stolpersteinbegehungen innerhalb von Aktionswochen des Fanprojekts, um den verdienstvollen VfL-er zu ehren.

Eine gesonderte Befassung im Sinne weiterer Recherchen dürfte künftig Sohn Max Löwenstein verdienen. Dieser ist am 14. April 1913 geboren worden und hat nach der schulischen Ausbildung erfolgreich eine kaufmännische Lehre absolviert. Als junger Mann gerät er schnell in Kontakt mit der Sozialistischen Arbeiterjugend und hat sich dort, folgt man Informationen, die dem Autor später vom Sozialdemokraten Erwin Förstner zugehen, sehr intensiv engagiert. Kein Wunder ist es somit, dass anno 1933 bereits der nicht einmal 20-jährige Löwenstein-Sohn ein entschiedener NS-Gegner ist. Er wird später, in der Endphase des Krieges, das erste Familienmitglied sein, das festgenommen wird.

Mutter und Ehefrau Anni Löwenstein agiert in der Weimarer Zeit als Frau des Betriebsinhabers Felix, was gemeinhin als „mithelfende Familienangehörige“ klassifiziert wird. Die gemeinsam betriebene Engros-Schlachterei Schrade-Schubert-Löwenstein dürfte auch für sie bedeutet haben, vor allem buchhalterisch und im Verkauf von Schlachtvieh mitzuhelfen. Das Team ist rundum erfolgreich: Die Geschäftszahlen entwickeln sich in der Zeit der Republik dermaßen gut, dass die Familie in der Stadt dafür bekannt ist, großzügige Geldspenden im Kultur- und Sportbereich zu verteilen. Lange Jahre profitiert davon recht ordentlich der alteingesessene Osnabrücker Turnverein (OTV), dem Felix als aktives Mitglied angehört. Außerhalb der Leibesübungen kommt auch die Lebensfreude in der Familie nicht zu kurz. Der gemeinsame Freundes- und Bekanntenkreis ist beachtlich.

Anni wirkt stets aktiv mit, wann immer Felix Geschenke oder günstige Kredite an Menschen in Not gewährt. Nicht selten sind es Berufskollegen der Schlachterei, die während der großen Wirtschaftskrise und infolge der Massenarbeitslosigkeit in der Endphase der Weimarer Republik nicht mehr ohne Unterstützung klarkommen. Die Großherzigkeit der Löwensteins spricht sich herum und wird immer wieder gern in Anspruch genommen.

Beide Ehepartner, Anni wie Felix, legen durchaus einen hohen Wert auf die Eigenständigkeit des Partners beziehungsweise der Partnerin. Vor allem in ihrer religiösen Ausrichtung zeigen sich beide als tolerant. Während Felix Mitglied der Synagogengemeinde ist, zählt seine Frau Anni zur evangelisch- lutherischen Kirche. Sohn Max wird, wie Mutter Anni, evangelisch-lutherisch getauft.


Standhaft gegen nationalistischen Zeitgeist

Wenige Angaben aus vorgefundenen Akten machen deutlich, dass Politik im Alltag der Familie Löwenstein eine beachtliche Rolle spielt. Anni zählt von 1921 bis zu deren Verbot 1933 zur pazifistischen Deutschen Friedensgesellschaft (DFG). Diese Zugehörigkeit lässt feste Rückschlüsse auf eine sehr friedliebende und demokratische Gesinnung zu. Es dürfte eine Haltung sein, welche offenkundig die gesamte Familie Löwenstein prägt.

Aufgrund der überschaubaren Mitgliederzahl dürften weitere Aktive der Osnabrücker DFG auch Anni Löwenstein durchaus vertraut sein. Schon 1919 hatte mit Cäcilie Meyer ein Mitglied der Osnabrücker Jüdischen Gemeinde am „8. Deutschen Pazifistenkongress“ in Berlin teilgenommen, der von der Deutschen Friedensgesellschaft und der Zentralstelle für Völkerrecht einberufen worden war. Meyer leitet 1927 als Schriftführerin die Geschäftsstelle der Osnabrücker Ortsgruppe der Deutschen Friedensgesellschaft an der Lotter Straße.

Einfach zu vermitteln ist die Mitgliedschaft in der Friedensgesellschaft im konservativ-nationalen Umfeld keineswegs. Vielmehr prägt der Wunsch nach einem wieder „erstarkten“ Heer und die Gegnerschaft für eine Aussöhnung mit vorherigen „Feindstaaten“ weitaus eher das Klima in „gutbürgerlichen Kreisen“. Mitglieder der Friedensgesellschaft müssen sich ständig gegen den Ruf als „Vaterlandsverräter“ wehren. Die heftig bekämpfte, 1892 gegründete DFG ist andererseits die älteste Organisation der deutschen Friedensbewegung und kämpft mit ihren Mitgliedern leidenschaftlich für eine Verständigung mit dem „Erbfeind“ Frankreich, für weltweite Abrüstung und für eine aktive Rolle Deutschlands im Völkerbund.

Nicht minder leidenschaftlich sind DFG-Mitglieder wie Anni Löwenstein gegen eine allgemeine Wehrpflicht – die vor allem nationale Kreise immer wieder einfordern, um das Berufsheer der Armee, das gemäß Versailler Vertrag nur 100.000 Mann unter Waffen stellen darf, durch eine starke Wehrmacht mit zwangsweise Rekrutierten abzulösen.

In der Endphase der Republik, in der die DFG anno 1932 nur noch 5.000 Mitglieder zählt, bestimmt der Kampf um die demokratische Verfassung sowie eine Auflehnung gegen die nationalistischen Kampfverbände Stahlhelm, SA und SS den Alltag aller Aktivitäten. Mit der Parole „Stahlhelm und Hakenkreuz sind Deutschlands Untergang“ wendet sich die Friedensgesellschaft mit ihren Mitgliedern gegen den neuen Militarismus und den aufkommenden Nationalsozialismus. Prominente DFG-Mitglieder sind Kurt Tucholsky und Karl von Ossietzky. Prominentestes Mitglied in Osnabrück ist die sozialdemokratische Landtagsabgeordnete Alwine Wellmann (1891-1966). Auch die immer wieder in Osnabrück weilende sozialistische Reformpädagogin Anna Siemsen (1882-1951) ist aktives DFG-Mitglied. Bis zum Verbot der Gesellschaft anno 1933 werden Anni Löwenstein wie auch Alwine Wellmann und Anna Siemsen der Gesellschaft, allen nationalistischen Anfeindungen zum Trotz, die Treue halten.

Anni ist überdies bereits seit 1919, dem ersten Jahr der Republik, in der als linksliberal geltenden Deutschen Demokratischen Partei engagiert. Diese Gruppierung arbeitet in der republikanischen Zeit, auch in Osnabrück, stets eng mit der Sozialdemokratie zusammen. Immer wieder gibt es im Rahmen dieser Zusammenarbeit gemeinsame Aktionen. Ein Beispiel dafür zeigt sich im März 1927, als die erste antisemitische Aktion der NSDAP in Osnabrück stattfindet. Nazis bringen an den Geschäften jüdischer Inhaberinnen und Inhaber mit einem Hakenkreuz verzierte Aushänge mit dem Aufruf „Großdeutschland erwache“ an. Der „Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens“, 1893 als Antwort auf antisemitische Erscheinungen in Deutschland gegründet, organisiert in Osnabrück eine Gegenveranstaltung, die, bezeichnenderweise, aber nur von zwei politischen Parteien, der SPD und der DDP besucht und unterstützt wird. Anni Löwenstein dürfte, so dürfen wir annehmen, zu den Teilnehmenden gezählt haben.

Spätestens ab 1932 aber kann die liberale Partei kaum noch eine zählbare Anhängerschaft an sich binden und zeigt sich innerlich sehr zerstritten. Bei Reichstagswahlen, seit 1930 als Deutsche Staatspartei auftretend, erhält die Parteiliste am Ende weniger als 1% der Stimmen. Sohn Max ist im übrigen nicht, wie die Mutter, in einer liberalen Partei, sondern in der viel stärkeren Sozialdemokratie organisiert – auch dies spricht für Vielfalt und Toleranz im Familienleben.

Das politische Engagement dürfte auch das Leseverhalten der gesamten Familie geprägt haben. Vor allem Sohn Max ist es, der sich, wie beschrieben, schon früh sozialistischen Ideen gegenüber öffnet. Folgt man dem handschriftlichen Bericht einer Bekannten über Annis spätere Verhaftung, haben die politisierte Familie, vor allem den sehr belesenen Sohn, auch Außenstehende beobachtet. „Es ist bekannt, dass Max Löwenstein zahlreiche Bücher politischen Inhalts besaß“, heißt es in der besagten Zeugenaussage.


Frühe Boten des Faschismus

Anni Löwenstein besitzt einen überaus sportbegeisterten Mann und wird bereits früh auch auf dieser Ebene mit einem politischen Geschehen konfrontiert, das sich bis in das Sportgeschehen hinein auswirkt. Felix Löwenstein zählt bis Anfang der 20er Jahre, auch als großzügiger Sponsor, zum Fußballvereinigung Spiel und Sport, die bis dahin als Unterabteilung zum Osnabrücker Turnverein zählt. Dieser Verein hatte für den 24. April 1922 seine Jahreshauptversammlung einberufen. Unter maßgeblichen Einfluss des rechtsnationalistischen Präsidenten Fritz Frömbling geschieht, was der bekannte Osnabrücker Sportpädagoge Ernst Sievers nach dem 2. Weltkrieg so beschrieben hat:

„Die Abteilung ‚Spiel und Sport‘ des Osnabrücker Turnvereins, die zu 90% aus Demokraten bestand, wurde aus dem Osnabrücker Turnverein ausgeschlossen.“

Fußballer, Handballer und andere Mannschaftssportler trennen sich fortan von den Turnern und machen sich eigenständig. Felix Löwenstein zählt mit tiefer Überzeugung dazu. Rund zwei Jahre später muss er registrieren, dass er, wäre er im Verein geblieben, nun auch wegen seiner jüdischen Herkunft diskriminiert worden wäre. Wiederum ist es Fritz Frömbling, der es gemeinsam mit seinen deutschnationalen Kumpanen durchsetzt, dass ab 1924 auch alle jüdischen Mitglieder den OTV verlassen müssen. Im gleichen Jahr vereinigt sich Spiel und Sport mit dem Ballspielverein von 1899. Ein Jahr später zählen Ernst Sievers wie Felix Löwenstein zu den Pionieren jenes vereinigten Clubs, der sich fortan VfL Osnabrück nennt. Dessen weiterer Werdegang bestimmt von diesem Moment an lange Jahre auch den Alltag der gesamten Familie Löwenstein. Nicht geringe Summen aus dem Familienvermögen gehen als Spende dem VfL zu, in dem Felix auch aktiv als Spielausschussobmann fungiert – unter anderem sorgt er sich um Anspielzeiten und Platzbelegungen der zahlreichen Einzelmannschaften im Nachwuchs- wie Altherrenbereich.


Tiefschläge nach der „Machtergreifung“

Die Repressalien gegen Juden und Andersdenkende nehmen spätestens seit der NS-„Machtergreifung“ am 30. Januar 1933 stetig zu. Dr. Hermann Gösmann, 1933 „Vereinsführer“ des VfL, seit 1937 NSDAP-Mitglied, nach dem 2. Weltkrieg erneut Vorsitzender und später DFB-Präsident, bestätigt nach dem Kriege in Form eines Briefes an Max Löwenstein, dass dessen Vater aktiver VfL-Unterstützer gewesen sei. Er habe den Verein dann aber – nach Gösmanns Erinnerung – im Jahre 1935 allein wegen seiner jüdischen Religionszugehörigkeit verlassen müssen.

Was danach mit ihrem Mann Felix geschieht, schildert Anni Löwenstein später im Rahmen einer maschinenschriftlich abgefassten Erklärung vom 1. März 1946. Das Schriftstück befindet sich heute in ihrer sogenannten „Entschädigungsakte“ (NLA OS. Rep 430 Dez 304 Akz. 2003/036. Nr. 1536) im Niedersächsischen Landesarchiv:

„Mein Mann, Felix Löwenstein, war Jude. Vom 10. November 1938 bis zum 15. Dezember 1938 saß er im KZ Buchenwald ein (v. Rath-Affäre). (…) Außerdem haben wir in den zwölf Jahren des Faschismus des öfteren Benachteiligungen und Verfolgungen erlitten. Im August 1935 wurde mein Mann aus der Engros-Schlachterei Schrade-Schubert-Löwenstein aus rassischen Gründen ausgeschaltet unter Zurücklassung des größten Teils seiner Kapitaleinlage.
Der Rest wurde im Jahre 1938 durch die Judenkontribution und später durch die Sozialausgleichsteuer für Juden auf ein Minimum reduziert. Da das Bankguthaben seinerzeit nicht mehr ausreichte, wurde im Jahre 1939 auf Veranlassung der Gestapo die Lebensversicherung meines Mannes aufgehoben und beschlagnahmt. (…)“

Hätte innerhalb der Familie Löwenstein in der Weimarer Republik nicht ohnehin bereits eine tiefe Abneigung gegenüber dem Nationalsozialismus geherrscht, wäre sie spätestens jetzt aufgrund der persönlichen Betroffenheit gewachsen. Als Alleinverdiener bleibt Felix nach dem aufgezwungenen Verlust seines Betriebes lange arbeitslos und muss sich später als Bauhilfsarbeiter mühsam bei verschiedenen Firmen durchschlagen. Somit gestaltet sich auch der Alltag Annis schwierig. Hinzu kommt der erzwungene Umzug im gleichen Hause. Die Familie muss allein wegen der „Rasse“ von Felix in der großräumigen Wohnung packen, was mitzunehmen ist und in eine Dachgeschoßwohnung im gleichen Haus umzuziehen.

Für die gesamte Familie bleibt nicht bei dem Verlust von Betrieb und heimischer Wohnung, wie es Anni Löwensteins oben zitierte Darstellung belegt. Dass die Nationalsozialisten Felix Löwenstein bereits früh im Visier haben, zeigt seine erste Verhaftung. Wie andere Verfolgungen wird die Repression als Folge der „Von-Rath-Affäre“ begründet. Ernst Eduard vom Rath (1909-1938) ist ein deutscher Diplomat und Botschaftssekretär in Paris gewesen. Das Attentat, das Herschel Grynszpan am 7. November 1938 alleinverantwortlich auf ihn verübt hat, erklären die Nazis zu einer großangelegten Aktion. Alles dient dem nationalsozialistischen Regime als offizieller Vorwand für die folgenden Novemberpogrome.

Am 10. November 1938, dem Tag nach der Vernichtung der Synagogen, als SA-Kolonnen reichsweit die Geschäfte jüdischer Inhaberinnen und Inhaber verwüsten, erlebt, wie in der oben zitierten Darstellung Annis bestätigt, auch die komplette Familie Löwenstein die spektakuläre und äußerst brutale NS-Aktion. Felix wird verhaftet, Anni ebenso. Große Teile des familiären Buchbestandes werden konfisziert. Anni selbst kommt allerdings bereits nach einer Nacht wieder frei und steht fortan unter scharfer polizeilicher Beobachtung. Schlimmer trifft es Felix: Nach Verhören und Quälereien im Gestapo-Keller, der im Westflügel des Schlosses untergebracht ist, deportieren ihn die Nazi-Schergen gemeinsam mit rund 90 weiteren Osnabrücker Juden erstmals in das KZ Buchenwald bei Weimar.


„Mischehe“ mit Courage

Was er dort erlebt, bestimmt fortan die Familienerzählungen. Zumal Felix mit Anni als einer „arischen“ Protestantin in einer „Mischehe“ verheiratet ist, wird er – auch als früherer Teilnehmer am Ersten Weltkrieg und Träger des wegen Tapferkeit verliehenen Eisernen Kreuzes – Mitte Dezember bereits nach knapp fünf Wochen Haft aus dem KZ entlassen. Ist das Schlimmste überstanden?

Die „Mischehe“ kann Felix auch in den Folgejahren vor einer weiteren Inhaftierung oder Deportation schützen. In jener Zeit muss sich aber auch Anni Löwenstein wiederholt gegen den Druck der NS-Machthaber zur Wehr setzen. Immer wieder wird auf sie eingeredet, sie möge endlich die Ehe mit dem „jüdischen Untermenschen“ Felix Löwenstein beenden und fortan ein sorgloses Leben als „arische Frau“ führen. Doch Anni weigert sich immer wieder beherzt, dem NS-Druck nachzugeben. Sie bleibt auf Felix‘ Seite.

Martina Sellmeyer hat kürzlich in ihrem Beitrag zu Charlotte Seligmann darauf hingewiesen, dass die meisten dieser etwa zwanzig „Mischehen“ in Osnabrück – bis auf zwei Ausnahmen – dem Druck der Verfolgung standgehalten haben.

Die finanzielle Situation für die Eltern wird trotz aller Drangsalierungen geringfügig besser. Für die gesamte NS-Zeit belegen spätere Aussagen von Sohn Max Löwenstein, dass VfL-„Vereinsführer“ Hermann Gösmann dem früheren Vereinskameraden – und damit der Familie – durchaus dabei hilft, erhebliche finanzielle Außenstände zurückzubekommen. Das wiederum bleibt für eine drangsalierte Familie in NS-Deutschland beinahe überlebensnotwendig. Selbstverständlich ist Gösmanns Handeln in einer Zeit, in der alle jüdischen Menschen der staatlichen Willkür ausgeliefert sind, tatsächlich nicht. Jeder Schuldner hätte seinem „nicht arischen“ Kreditgeber, mit Spott und Schmähungen auf den Lippen, jede einzelne Zahlung verweigern können. Der Rechtsstaat ist längst abgeschafft. Gösmann genießt deshalb in der gesamten Familie Löwenstein, trotz seiner NSDAP-Mitgliedschaft, ein gewisses Ansehen.

Dennoch wird jeder einzelne Tag in Opposition zum Regime zur Herausforderung. Schlimm wie seine Eltern trifft es insbesondere auch Sohn Max, der in seiner Gestapo-Akte (NLA OS, Rep 439, Nr. 24833), wie etliche Antifaschisten, als „Dissident“ eingestuft wird. Mit Dissident werden in der Gestapo-Praxis neben politischen Gegnern auch Menschen bezeichnet, die jüdischer Abstammung, aber getauft sind.

Max wird bereits im April 1944 wegen des Vorwurfs, Feindsender abgehört und mit ausländischen Arbeitern konspiriert zu haben, in das Polizeigefängnis Münster eingesperrt. Als er nach dreimonatiger Haft am 11. Juli 1944 aus dem Polizeigefängnis Münster entlassen wird, ist seine Mutter zwischenzeitig im Polizeigefängnis an der Turnerstraße in Osnabrück eingesperrt worden. Ganze zehn Minuten billigt der Gestapobeamte Kettler Max Löwenstein nach seiner Haftentlassung für einen Besuch bei der Mutter in der Turnerstraße zu. Anschließend soll er sich beim Arbeitsamt melden. Max Löwenstein sagt dazu später schriftlich aus:

„Ein oder zwei Tage vorher aber kam Kettler zu mir in die Wohnung und führte mich dem Amtsarzt vor, der mich jedoch, obwohl Kettler auf ihn einredete, nur für leichte Arbeiten arbeitsfähig schrieb. Ich wurde im Anschluss (…) daran durch das Arbeitsamt zum sogenannten OT-Einsatz in ein Arbeitszwangslager überführt.“

Er wird also später bis zum Kriegsende für die Organisation Todt (OT) beim Bunkerbau in Bedburg arbeiten müssen. Diese wird von der NS-Regierung als Bauorganisation für militärische Anlagen geschaffen, die sowohl in Deutschland als auch in den von deutschen Truppen besetzten Gebieten kriegswichtige Bauvorhaben durchführen. Der Löwenstein-Sohn wird hier mit immer mehr KZ-Häftlingen, Häftlingen aus „Arbeitserziehungs“- und Polizeilagern sowie andere Gefangenen des NS-Regimes zum Einsatz herangezogen. Ab Herbst 1944 zählt er zu 10.000–20.000 sogenannten „Halbjuden“ und Personen, die mit Juden verheiratet sind. Alle werden in Spezialabteilungen zwangsrekrutiert und in OT-Lager verbracht. Die Unsicherheit um das Wohl des Sohnes dürfte die Eltern Felix und Anni von Beginn an in eine verzweifelte Situation gebracht haben.

Polizeigefängnis in der Turnerstraße: Ort des Terrors gegen Andersdenkende. Foto: Archiv Karl SchulzePolizeigefängnis in der Turnerstraße: Ort des Terrors gegen Andersdenkende. Foto: Archiv Karl Schulze

Annis Verhaftung

Kurz vor Kriegsende kann Anni auch der beste juristische Beistand nicht mehr gegen die Nazi-Willkür helfen. Martina Sellmeyer hat, wie oben erwähnt, darüber berichtet, wie alles beginnt: Fritz Seligmann, jüdischer Bekannter der Familie Löwenstein, ist in einem Barackenlager untergebracht und muss in einer Bielefelder Fabrik für Fahrradzubehör arbeiten. Von Mitinhaftierten erfährt er von Massenmorden in Auschwitz, insbesondere auch von Vergasungen. Der Schock sitzt tief.

In der wenigen freien Zeit unternimmt der gelernte Konzertgeiger Seligmann per Fahrrad eine dreistündige Fahrt zur Frau Charlotte nach Osnabrück. Dort berichtet er von seinem Wissen über den unfassbaren Massenmord im KZ Auschwitz, den ihm andere in Bielefeld zugetragen haben. Charlotte Seligmann ist fassungslos. Sie entscheidet sich, Anni Löwenstein von ihrem Wissen zu berichten – und sucht sie auf. Auch Anni zeigt sich tief schockiert. Beide empören sich gemeinsam und machen aus ihrer Gesinnung keinen Hehl. Und das Wichtigste: Beide bemühen sich in der Folgezeit unter ständiger Gefahr darum, die Information über die Massenmorde in Auschwitz weiter zu berichten.

Als Seligmann bei einer der Gelegenheiten über das Thema Auschwitz informiert, ist zufällig eine Nachbarin anwesend. Die Zuhörerin entpuppt sich sofort als eifrige Denunziantin. In ihrer finsteren Gedankenwelt kann es offenbar nur „Feinpropaganda“ sein, sobald von Morden in Konzentrationslagern die Rede ist. Prompt begibt sich die „gute Deutsche“ zur Gestapo und berichtet brühwarm, was sie gehört hat.

Aber nicht nur Charlotte Seligmann, die deshalb später, wie von Martina Sellmeyer berichtet, im KZ Ravensbrück zu Tode kommt, wird sofort festgenommen. Auch Anni Löwenstein wird Opfer der Gestapo-Aktion. Es geschieht, weil auch sie, in diesem Fall offenkundig von einem Mann, denunziert worden ist. Die Praxis, regimekritische Menschen bei der Gestapo anzuschwärzen, scheint auch in Osnabrück ein massenhaft befolgter Gradmesser nationaler Gesinnung zu sein.

Wie Charlotte Seligmann, die ihren Mann als Informationsgeber jedoch nicht verrät, wird Anni wegen Verstoßes gegen das „Heimtückegesetz“ verhaftet. Mit hoher Wahrscheinlichkeit dürften die Verfolger bei der Suche nach weiteren Indizien auch um ihr demokratisches Engagement vor 1933 gewusst und dies in die Verurteilung einbezogen haben. Der von Sellmeyer zitierte vormalige Gestapo-Mann, der Charlotte Seligmann seinerzeit verhaftet hatte, sagt 1953 vor Gericht aus:

„Dass die jüdischen Häftlinge in Auschwitz vergast würden […], wurde damals als Verbreitung einer unwahren Tatsache angesehen.“

Dass bereits so früh in Osnabrück über Verbrechen in Auschwitz berichtet wird, ist tatsächlich sehr bemerkenswert. Noch in den 6oer-Jahren, als der Frankfurter Staatsanwalt Fritz Bauer mühsam gegen eine Mehrheit anderer Juristen im eigenen Haus damit beginnt, das Thema Auschwitz zum Anklagepunkt gegen KZ-Wächter zu machen, wird das Vernichtungslager Auschwitz von etlichen für eine Art Kriegsgefangenenlager gehalten.

Es bedarf keiner weiteren Erläuterung, dass der Verhaftungsgrund, den Anni Löwenstein trifft, bis auf den Wortlaut ähnlich wie bei Charlotte Seligmann begründet wird. Beide werden in das Polizeigefängnis in der Turnerstraße eingesperrt. Bei Luftschutzalarm, die Wächter bringen sich in jenem Moment im Lohbunker in Sicherheit, können sich Felix und seine Frau sich noch einmal kurz im Polizeigefängnis sehen – durch Gitter getrennt. Während Charlotte Seligmann später weiter ins KZ deportiert wird, verbleibt Anni Löwenstein im Osnabrücker Gefängnis. Offenkundig wird Annis Vergehen weniger schwer beurteilt als das von Seligmann. Dass sie inhaftiert wird, spricht jedoch klar dafür, dass die NS-Richter sie eindeutig, ebenso wie bereits zuvor ihren Sohn, als staatsfeindlich einstufen. Eigenartig ist allerdings ein Vermerk auf Annis Gestapo-Karteikarte (NLA OS, Rep 439, Nr. 24820). Darin wir seitens der zuständigen Abteilung wörtlich vermerkt:

„Die L. wurde am 19.6.44 wegen Verbreitung von Greuelnachrichten festgenommen. Sie wird mittels Sondertransports dem KL.-Ravensbrück überstellt. (Geschäftszeichen: AdSt.Osnabrück IV 6b – 794/44).“

Aufgrund ihrer eigenen Angaben ist es offenkundig, im Gegensatz zu Charlotte Seligmann, nicht zu einer Deportation Annis in ein Konzentrationslager gekommen. Dennoch belegt der Karteikarteneintrag zumindest eine entsprechende Planung, so dass Anni eher haarscharf an einer KZ-Haft und damit ihrem wahrscheinlichen Tode durch NS-Mörder vorbeigeschrammt sein dürfte.

Den Grund und den Verlauf ihrer Verhaftung und die Überführung in das Osnabrücker Polizeigefängnis erläutert Anni Löwenstein am 20. Januar 1950, nachzulesen in der Akte über ihr Entschädigungsverfahren (NLA OS, Rep 430 Dez 304 Akz. 2003/036. Nr. 1536), so:

„Hiermit erkläre ich an Eides statt, dass ich wegen Heimtücke und aus rassepolitischen Gründen (mein Mann war Jude) vom 15.6.44 bis 31.3.45 im Polizeigefängnis Turnerstraße eingesessen habe. Im Zuge der Kristallnacht 1938 habe ich einen Tag dort vorher schon abgesessen. Der Grund der Heimtücke war, weil ich an versch. Leuten über die Vernichtungsmethoden der SS im KZ Auschwitz berichtete. Unter diesen Leuten war ein Spitzel der Gestapo, der dieses meldete und daraufhin bin ich ca. 11 Monate in U.-Haft an der Turnerstrasse gewesen. Als Zeugen meiner Inhaftierung in der Turnerstrasse benenne ich: 1.) Herr Goswin Stöppelmann, Osnabrück; 2.) Herr August Staperfeld, Osnabrück: 3.) Frl. Joachim, Osnabrück; 4.) Frl Gertrud Menssen, Osnabrück. Vorbestraft bin ich nicht.“

Nach ihrer Verurteilung muss sie am 18. Juni 1944 eine Haft antreten, die offiziell bis zum 31. März 1945 andauert, defacto bis zum Ende des Krieges in Osnabrück währt. Felix ist daheim für die kommenden Monate also auf sich allein gestellt.


Abscheulicher Gefängnisalltag

Wie genau sich heute Interessierte den Alltag im Osnabrücker Polizeigefängnis in der Turnerstraße vorstellen müssen, beschreibt der zeitgenössische Bericht der von Anni Löwenstein als Zeugin genannten Gertrud Menssen, wohnhaft Adolfstr. 20, sowie von Hildegard Joachim, Hegertorwall 19. Dort heißt es:

„Anschließend eine kurze Schilderung der hygienischen Verhältnisse, dieselben waren nicht nur äußerst primitiv, sondern als abscheulich zu bezeichnen. Wir waren in einem mittelgroßen Raum zu 16 bis 20 Personen untergebracht. Als Lagerstatt diente ein dünner Strohsack, der ohne Unterlage auf dem nackten Steinfußboden lag und außerdem von Ungeziefer voll war. Zwei Eimer dienten zur Notdurft. Dieselben waren aber für die inhaftierten Personen absolut nicht ausreichend. Die Lüftung war sehr schlecht. Durch Angriffe wurde die Wasserleitung zerstört und waren wir auf das schlammige Wasser der Hase angewiesen / trinken und waschen. Skandalös war der Zustand, dass im Notdurftkübel dieses Wasser uns vorgesetzt wurde. Wanzen, Kränze sowie Kleiderläuse hatte jeder Inhaftierte. (…) Die Tagesverpflegung bestand aus morgens und abends einer dünnen Scheibe Brot mit 5 gr. Margarine oder Marmelade. Mittags 1 Teller aus Suppe fast immer ohne Kartoffeln. Abschließend möchte ich noch erklären, dass durch die oben geschilderten Behandlungen sich körperliche und geistige Schäden bei jedem eingestellt haben.“

Schlimme Erlebnisse anderer Verhafteter gehen auch an Anni Löwenstein nicht vorbei. So wird eine 77jährige Frau, die von den Nationalsozialisten als Jüdin bezeichnet wird, im Polizeigefängnis von Gestapobeamten eine Treppe hinuntergestoßen und dabei schwer verletzt. Andere inhaftierte Frauen berichten später von Schlägen ins Gesicht, von Fußtritten und Beleidigungen durch die Gestapobeamten, welche viele der Misshandelten immer wieder als „Judenschwein“ bezeichnen.

Anni wird erst zum Kriegsende, am 31. März 1945, vier Tage vor dem Einmarsch britischer Truppen in Osnabrück, aus der Haft entlassen werden. Max Löwenstein wird später betonen, dass im Fall seiner Familie für keines der drei Familienmitglieder ein ordentliches Gerichtsverfahren eingeleitet worden ist, obwohl sein Vater ins KZ deportiert worden ist und er selbst drei sowie seine Mutter sogar zehn Monate im Gefängnis verbracht haben.

Endgültig befreit werden sich alle vormaligen Gefangenen erst fühlen, nachdem britische Truppen am 4. April 1945 in Osnabrück einmarschiert sind.


Zum Leidensweg des Ehemanns

Als Felix Löwenstein endgültig in die tödlichen Mühlen der Gestapo gerät, ist er allein zu Hause. Goswin Stöppelmann, später bei der Bezirksregierung Weser-Ems für politisch Verfolgte zuständig, erklärt am 25. Januar 1949 eidesstattlich (NLA OS. Rep 430 Dez 304 Akz. 2003/036. Nr. 1536), dass Felix Löwenstein seit Anfang September 1944 bis Mitte Dezember 1944, wie Stöppelmann selbst, im Polizeigefängnis in der Turnertstraße festgesetzt wird. Dann sei Löwenstein „auf Transport nach dem KZ Neuengamme“ gekommen.

Anlass der Verhaftung ist ein „Delikt“, das heutzutage beinahe makaber klingt. Felix wird aufgrund eines Verstoßes gegen die „Verordnung über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen“ also dem „Hören von ‚Feindsendern“ in Haft genommen. Der Anlass: Man hat im Keller des von der Familie bewohnten Hauses ein Radiogerät gefunden, dessen Besitz allen Juden streng verboten ist. In früheren Zeiten dürfte der Empfänger vermutlich auch Anni und Max dabei geholfen haben, Informationen zu bekommen.

Ende 1944 wird Felix Löwenstein gemeinsam mit weiteren inhaftierten Männern ins KZ Sachsenhausen nördlich von Berlin deportiert. Das berüchtigte KZ in Neuengamme bei Hamburg wird zur nächsten Station. Als alliierte Truppen dem Lager zu Beginn des Aprils 1945 zunehmend näherkommen, verordnen die SS-Wächter den Gefangenen eine Umlegung in das KZ Bergen-Belsen. Das Heranrücken der alliierten Truppen zwingt die NS-Wächter zu ständigen Umleitungen des mit ausgemergelten Häftlingen gefüllten Güterzuges. Nach über zehn Tagen Irrfahrt gelangen die Drangsalierten schließlich ins KZ Sandbostel, in dem Felix – genauer nachzulesen im eingangs erwähnten OR-Bericht – auf tragische Weise am 30. April an den Folgen einer Blutvergiftung verstirbt.


Bemerkungen zur Nachkriegszeit

Ein wahrer Kampf mit den Behörden ist das verzweifelte Bemühen von Anni und Max Löwenstein um Entschädigungen für erlebtes Leiden unter der Nazi-Herrschaft. Jahre später wird zumindest Anni eine Entschädigung für ihre Zeit der Verfolgung bekommen. In seiner Zusammenkunft des Sonderhilfsausschusses beim Stadtkreis Osnabrück am 2. Februar 1950 wird beschlossen, sie „als Verfolgte der NS-Gewaltherrschaft“ offiziell anzuerkennen, ihr stünde „daher eine Haftentschädigung in Höhe von 1.500,– DM zu.“

Erschütterndes Zeitdokument: Max Löwenstein berichtet einer Bremer Freundin der Familie über den Tod des Vaters und über die aktuelle Situation, in der Anni Löwenstein und er selbst leben. Original: VfL-MuseumErschütterndes Zeitdokument: Max Löwenstein berichtet einer Bremer Freundin der Familie über den Tod des Vaters und über die aktuelle Situation, in der Anni Löwenstein und er selbst leben. Original: VfL-Museum

Lange kann sie sich nicht mehr an der zugestandenen Geldsumme erfreuen. Anni Löwenstein stirbt, gesundheitlich auch aufgrund ihrer Erlebnisse in den letzten Jahren erheblich angeschlagen, im Alter von 66 Jahren anno 1952.

Im gleichen Jahr wird ihr Sohn Max einer angeblichen „Urkundenfälschung“ überführt und verurteilt. Zugleich wird er mit massiven Vorwürfen, die ihre Hintergründe nicht zuletzt im Wiedererstarken ehemaliger NS-Verwaltungsbeamten in der NS-Zeit haben dürften, aus seiner verantwortlichen Position bei der Stadt Osnabrück, innerhalb derer er sich aufopferungsvoll um politisch Verfolgte gekümmert hat, entlassen. In einem Bescheid der Entschädigungsbehörde, rechtskräftig ab 23.2.1954, wird allerdings eingeräumt werden, dass die Vorstrafen Max Löwensteins – eine davon ist ohnehin in der NS-Zeit datiert – als „nicht sehr schwerwiegend anzusehen“ seien. In die politische Schusslinie ist Max Löwenstein auch deshalb, wie zeitgleich viele andere, geraten, weil er sich verantwortlich für die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) einsetzt, die im Zuge der Adenauer-Politik als „kommunistische Tarnorganisation“ abgestempelt wird. Jahre später wird Max Löwenstein, dessen Verzweiflung zunimmt, durch Selbstmord aus dem Leben scheiden.

Das Schicksal der Familie Löwenstein zählt zu den besonders eindrucksvollen Zeugnissen der Stadtgeschichte vor, im und nach dem Nationalsozialismus. Tragik, aber auch Widerstandskraft und Unverzagtheit in dieser Familiengeschichte verdienten es, auch weiterhin näher erforscht zu werden.

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