SchülerInnen fordern mehr Sichtbarkeit für den OsnabrückerWiderstand
„Wir hoffen, dass diese mutigen Beispiele für Zivilcourage ein Vorbild sein können und diese Ausstellung dazu beiträgt, dass die Opfer des Nationalsozialismus niemals in Vergessenheit geraten.“ Das sagen Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Bad Iburg auf die Frage, warum sie sich intensiv mit Menschen aus dem Widerstand während der NS-Zeit in Osnabrück beschäftigt haben. Der ILEX-Kreis – bestehend aus Hartmut Böhm, Dieter Przygode, Heiko Schulze und Martina Sellmeyer – hatte mehrere Jahre lang nach solchen Personen gesucht und über sie in einer Serie in der Osnabrücker Rundschau und Ende 2023 in dem Buch „Widerstand im Osnabrück der NS-Zeit. 36 Biografien mutiger Menschen“ berichtet.
Er hatte seine Publikation ausdrücklich als Anregung zur weiteren Beschäftigung mit den von ihm zusammengetragenen 36 ausführlicheren und weiteren ca. 100 rudimentären Kurzbiographien zum Widerstand verstanden. Diese Anregung haben Schülerinnen und Schüler der damaligen Klasse 10c des Gymnasiums Bad Iburg im Geschichtsunterricht des Schuljahres 2024/25 mit ihrem Lehrer Jan Müller aufgegriffen. Sie haben sich intensiv mit einigen der Biographien beschäftigt und das Ergebnis in Podcasts und auf Plakaten vorgestellt, die zur Zeit in der Gedenkstätte Augustaschacht in Hasbergen zu sehen sind.
Sie haben sich mit dem Projekt am Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten beteiligt, der das Thema hatte „Bis hierhin und nicht weiter!? Grenzen in der Geschichte“. Die Iburger SchülerInnen nahmen dabei ihre unmittelbare Umgebung in den Blick, und fanden Geschichten von heimlichen Treffen, dem riskanten Verteilen von Flugblättern oder zur Fluchthilfe für gefangene Zwangsarbeiter, die nachts heimlich in Eisenbahnwaggons geschmuggelt wurden. Sie stießen auf Menschen, die verfolgt und verhaftet wurden und ihren Widerstand aus politischem Engagement mit dem Leben bezahlten wie der französische Kriegsgefangene Raymond Vinclair oder der Kaplan Johannes Prassek.
Herausgekommen ist eine qualitativ hochwertige und sehr sehenswerte Ausstellung in der Gedenkstätte Augustaschacht in der die Biographien visuell ansprechend und übersichtlich präsentiert werden. Detailliert haben sich die Schülerinnen und Schüler mit den sehr verschiedenen Personen und ihren ebenfalls sehr unterschiedlichen Arten des Widerstands auseinandergesetzt.
Das verdient Respekt, denn die Frage, was als Widerstand gegen den Nationalsozialismus bezeichnet werden kann oder darf, lässt sich auch für HistorikerInnen nicht einfach beantworten. Der ILEX-Kreis war mit einem biographischen Ansatz den Geschichten von Personen nachgegangen, die in den unterschiedlichsten Quellen im Zusammenhang mit einer kritischen Haltung zum Nationalsozialismus genannt wurden, und hatte dabei nicht nur aktiven politischen Widerstand, sondern auch sogenannte Alltagsverweigerung einbezogen.

Die SchülerInnen haben das Widerstandmodell des Geschichtswissenschaftlers Detlef Peukert auf die vom ILEX-Kreis rekonstruierten Biographien angewendet, das „abweichendes Verhalten“ gegen den Nationalsozialismus danach einteilt, wie weit die Kritik am Nationalsozialismus reicht und es in vier Stufen von Nonkonformität, Verweigerung und Protest bis zum Widerstand einordnet. Dabei haben sie darauf geachtet, ob die Kritik sich nur auf einzelne Teile der nationalsozialistischen Weltanschauung bezog oder man den Nationalsozialismus komplett verurteilte. Zusätzlich haben sie gefragt, ob die Kritik am System privat oder vor anderen und öffentlich geäußert wurde, nach dem Motto: „Schimpfte man nur in der Familie oder auch auf öffentlichen Versammlungen?“
Das Modell von Peukert wertet wie der ILEX-Kreis auch Kleinformen und Nonkonformität als aktiven Widerstand von „ganz gewöhnlichen Menschen“, wie das Verhalten der Passantin, die mitten in Osnabrück Zeugin der Misshandlung von KZ-Häftlingen wurde und spontan dagegen protestierte.

Die jungen Leute aus Bad Iburg haben sich mit 25 Menschen näher beschäftigt und sich für eine Einstufung entschieden, die sie auf den Tafeln mit den Einzeldarstellungen nachvollziehbar begründen. Dabei haben sie Beispiele für alle Stufen von Peukerts Modell gefunden, vom stillen Widerstand Abraham Trepps, des Lehrers der Jüdischen Gemeinde, der den von ihm verlangten Eid auf Adolf Hitler verweigerte, bis zu der schon in jungen Jahren politisch aktiven Kommunistin Lissy Rieke, die von den Nationalsozialisten verhaftet, gefoltert und ermordet wurde.
Die SchülerInnen haben aber noch mehr getan: Sie haben sich darüber Gedanken gemacht, wie es weitergehen sollte, damit die vorliegenden Forschungsergebnisse Wirkung in der heutigen Zeit entfalten können, und machen konkrete Vorschläge dazu, was dafür zu tun wäre. Die Jugendlichen sind auf viele gute Ideen gekommen wie das Informieren durch Zeitungsartikel oder Ehrungen durch die Benennung von Bildungseinrichtungen, Straßen und Plätzen. Bei einer Person regen sie eine Gedenktafel in einer Kirche an, bei einer anderen sogar ein Denkmal in der Osnabrücker Innenstadt. Tatsächlich haben SchülerInnen der Iburger Schule so etwas schon mal in die Tat umgesetzt. Als Resultat der Beschäftigung mit dem frühen Ausschluss jüdischer SportlerInnen aus dem Osnabrücker Turnverein durch den Vereinsvorsitzenden Fritz Frömblingim Jahr 1923 haben sie zusammen mit SchülerInnen der IGS Osnabrück ein fehlendes Denkmal selber entworfen und hergestellt. Vor kurzem hatten die ehemaligen SchülerInnen die Gelegenheit, die Familie einer dieser Sportlerinnen persönlich zu treffen und kennenzulernen. Für Lea Levy, die noch rechtzeitig aus Deutschland fliehen konnte, gibt es dank des Engagements der beiden Schulen seit dem 9. November 2021 ein Denkmal in Osnabrück.

An Ženja Kozinski, ein Mitglied der Widerstandsbewegung im Kriegsgefangenenlager für jugoslawische Offiziere OFLAG VI C in Eversburg, erinnert nichts außer einem unscheinbaren und von außen unsichtbaren Grabstein auf dem Jüdischen Friedhof an der Magdalenenstraße. Dabei brachte der junge Ingenieur Kozinski das größte Opfer: Er nahm sich in der Gestapohaft das Leben, um die anderen Mitglieder der Gruppe nicht unter der Folter zu verraten. Der Schüler Marko Stanojevic hat sich mit Kozinski beschäftigt und findet es wichtig, dass alle Bücher und Texte über Kozinski, die es von Kozinskis damaligen Kameraden, dem berühmten Kunsthistoriker Oto Bihalji-Merin und von Sima Karaglanovic gibt, auf Deutsch übersetzt werden, damit er nicht in Vergessenheit gerät.
An den katholischen Priester Johannes Prassek, einen der ermordeten „Lübecker Kapläne“, wird bereits in mehreren Städten erinnert. Er bot unter anderem polnischen Zwangsarbeitern seine
seelsorgerische Unterstützung an. Anne Gründker stellte fest, dass es eine Kirche in Hamburg und eine Schule in Lübeck gibt, die nach ihm benannt sind. In Osnabrück, wo Prassek 1937 zum Priester geweiht wurde, führt der Johannes-Prassek-Weg von Haste ins Stadtzentrum. Zum Gedenken an Johannes Prassek und sein Wirken wurde 2007 der erste „Stolperstein“ vom Kölner Künstler Gunter Demnig in der Stadt Osnabrück vor der Christus-König-Kirche verlegt, wo Prassek seine erste heilige Messe als Priester gefeiert hat. Die katholische Kirchengemeinde Christus König in Osnabrück-Haste hat ihrem 2005 eingeweihten Pfarrheim den Namen Johannes-Prassek-Haus gegeben. 2020 wurde das Haus der Wohnungslosenhilfe in Osnabrück nach Bernhard Schoppmeyer benannt, dem 1945 in Osnabrück ermordeten Sekretär der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung, dessen Namen bereits mehrere Straßen in Niedersachsen tragen.
Ganz anders sieht das bei Paul Leo aus, einem lutherischen Pastor mit jüdischen Wurzeln, der sich für sogenannte „Judenchristen“ einsetzte und gegen die antisemitischen und rassistischen „Deutschen Christen“ innerhalb der protestantischen Kirche protestierte, „die das Christentum mit der NS-Ideologie vermischten“. Mit ihm hat sich Julia Kreps beschäftigt. Die Schülerin regt an, in den christlichen Kirchen, in denen er tätig war, Gedenktafeln anzubringen. Paul Leo hatte von 1929 bis 1938 eine Predigtstelle in St. Marien und war ab 1935 auch für Haste und Lechtingen zuständig. Leo wurde 1938 verhaftet und in das Konzentrationslager Buchenwald gebracht. Nach der Entlassung konnte er noch in die Vereinigten Staaten fliehen.
Bildungsprojekte und Stadtführungen zur jüdischen Geschichte regt Sophia Kusnezow zur Erinnerung an Abraham Trepp, den letzten Lehrer und Ritualbeamten der Jüdischen Gemeinde vor ihrer Vernichtung, an. Sie meint, dass sein Schicksal besonders in Schulen als Beispiel für die Zerstörung jüdischen Lebens im Nationalsozialismus thematisiert werden könnte.
Für Charlotte Seligmann, die wegen der Verbreitung von „Gräuelnachrichten“ über die Konzentrationslager selber deportiert und ermordet wurde, gibt es bereits einen Stolperstein
und auch einen für ihre Tochter Helga, die bei einem Bombenangriff umkam, nachdem die Mutter sie nach ihrer Verhaftung in einem Waisenhaus unterbringen musste. Doch auch an Ruth Stern, die sich aus Liebe zu ihrem Mann dem nationalsozialistischen System verweigerte und durch ihren Mut sein Leben rettete, „könnte als Zeichen für alle Juden, die sich selbst mutig vor dem NS-Regime retten konnten, eine Art Stolperstein z.B. vor ihrem ehemaligen Wohnort in Osnabrück erinnern“. Der Vorschlag von Swantje Klopmeier geht über die derzeitige Praxis in Osnabrück hinaus, wo bisher Stolpersteine nur für Menschen verlegt werden, die von den Nationalsozialisten ermordet wurden.
Auch Marlene Stolze wirft die Frage auf, ob in Osnabrück wie bisher nur an die ermordeten Verfolgten erinnert werden soll, denn sie findet es falsch, dass es kein Gedenken an Anni Löwenstein gibt. Die mit einem jüdischen Mann verheiratete Frau habe sich in Gefahr gebracht und schon sehr früh gegen das NS-Regime protestiert. „Daher finde ich es nur fair, wenn an sie gedacht wird, beispielsweise mit einem Stolperstein. Auch ihr Sohn Max habe einen Stolperstein verdient, auch wenn sie beide keine Juden waren“, meint sie.
Für Alwine Wellmann gibt es mittlerweile eine Straße sowie eine Gedenktafel an ihrer Grabstätte auf dem Johannisfriedhof und den erstmalig 2020 verliehenen Alwine-Wellmann-Preis,
mit dem die Sozialdemokratische Partei Deutschlands aus der Stadt Osnabrück Organisationen, Projekte oder Initiativen für ihr herausragendes zivilgesellschaftliches Engagement in der Stadt Osnabrück auszeichnet.
Nach Gustav Haas, Bürgervorsteher und Mitglied des Hannoverschen Provinziallandtags, wurde schon 1955 eine Straße benannt, der Gustav-Haas-Hof. Außerdem gibt es für ihn einen Stolperstein. Weiter, so Erik Frese, habe die Osnabrücker Rundschau einen Beitrag über ihn veröffentlicht. Haas bleibe „unvergessen, weil er sich mutig gegen die Nazis stellte, für die Rechte der Arbeiter kämpfte und dafür sogar sein Leben riskierte“. Aber auch an Erwin Förstner, ein engagierter Sozialdemokrat und Mitverfasser der im Eigendruck hergestellten sozialistischen Zeitung „Freundschaft“, die oppositionelle Inhalte gegen das NS-Regime verbreitete und geheime, informelle Kontakte unter politisch Gleichgesinnten pflegte, könne man mit einer Straßenbenennung erinnern, meint Lena Bittner.
Zu Henry Brandt, einem Kommunist im Widerstand, für den es bisher keine aktive Erinnerung gibt, sollte nach der Meinung von Mattis Giebmeyer versucht werden, seine Widerstandstätigkeit noch genauer zu rekonstruieren, wie sich das auch der ILEX-Kreis für die vielen, oft erst rudimentär erforschten Biographien wünscht, um das dann abhängig von den Ergebnissen mit einer Ehrung oder einer Straßenbenennung zu verbinden.
Auch für die Autorin und Pädagogin Anna Siemsen schlägt Jule Könemann außer der Pflege ihres Ehrengrabs auf dem Hasefriedhof die Benennung von Straßen, Plätzen sowie Gedenkveranstaltungen, eine Ausstellung oder Vorträge über ihr Leben und Werk vor. Besonders die Benennung einer Bildungseinrichtung nach der SPD-Reichstagsabgeordneten und Pazifistin ist eine bedenkenswerte Idee.
Doch Straßennamen sind den SchülerInnen nicht genug. Finja Tubesing und Solveig Fels finden, dass an den Journalisten und Politiker Hans Wunderlich außer mit der vor 25 Jahren nach ihm benannten Straße in Hellern auch in Form von Zeitungsartikeln oder Erwähnungen in Museen gedacht werden sollte, da er „großes für die Demokratie geleistet (hat), indem er politische und damalige gesellschaftliche Grenzen überschritten hat“.
Friedrich „Fritz“ Szalinski ist eine der am längsten und besten bekannten Personen des Widerstands in Osnabrück. An den im Konzentrationslager Neuengamme ermordeten Gewerkschaftssekretär des Deutschen Metallarbeiterverbandes erinnert bereits seit 1955 der Fritz-Szalinski-Hof im Stadtteil Schölerberg. Fynn Lemper regt aber eine zentralere Erinnerung für weiteres Gedenken zum Beispiel durch ein Denkmal in der Osnabrücker Innenstadt an, um auf Geschichte des seiner Meinung nach „wirklich bedeutenden“ Widerstandskämpfers aufmerksam zu machen. Eine gute Idee wäre nach Ansicht des Schülers auch eine Auszeichnung „Friedrich ‚Fritz‘ Szalinski“ für besonderes soziales Engagement.

Wegen des berüchtigten Fotos von seiner Misshandlung ebenso vielen bekannt ist der Redakteur Josef Burgdorf alias „Ilex“, sein Pseudonym, das er am 1. April 1933 Uhr auf einem Schild vor sich hertragen musste. Der Redakteur der „Freien Presse“ engagierte schon lange vor 1933 gegen die Nationalsozialisten. Für den Sozialdemokraten, der eng mit im Widerstand aktiven Gruppen von Kommunisten zusammenarbeitete und „der den Mut hatte, sich gegen die Nationalsozialisten zu stellen“ und dafür „verfolgt, gedemütigt und ins KZ geschickt“ wurde und nach dem Krieg half, die Demokratie wieder aufzubauen, finde sich heute „leider keine öffentliche Gedenkstätte“, stellt Gideon Dohmeyer fest.

Das gilt sogar für die ehemalige „Villa Schlikker“, in der Burgdorfs Misshandlung damals begann. In der neuen „Villa_Forum Erinnerungskultur und Zeitgeschichte“ wird seine öffentliche Demütigung beim sogenannten sogenannten „Prangermarsch“ durch die Stadt im Stil einer Graphic Novel anschaulich präsentiert wird. Doch da, wo es spannend wird, bricht die Erzählung ab. So erfahren BesucherInnen der Ausstellung nicht, dass Burgdorf ab 1933 eine führende Figur des Widerstands in Osnabrück war. Die vom ILEX-Kreis entdeckte, bis dahin unbekannte „Gruppe Burgdorf“ wird in der Ausstellung nicht thematisiert und an Burgdorfs führende Rolle im Osnabrücker Widerstand ab 1933 mit keinem Wort erinnert. So wird die Geschichte eines der am frühesten und am längsten aktiven Widerstandskämpfer der Stadt hier auf seine Rolle als Opfer des NS-Regimes reduziert.
Dass Burgdorf trotz der großen Gefahr, in die ihn seine Bekanntheit brachte und der vielen Verhaftungen weitermachte und „eine Untergrundbewegung leitete“, macht ihn aus der Sicht von Gideon Dohmeyer zu einer besonders interessanten Persönlichkeit: „Psychologisch war die Angst vor Verrat und die ständige Unsicherheit über das Schicksal seiner Mitstreiter und seiner eigenen Sicherheit eine große Belastung. Ich bin fester Überzeugung dass man für ihn ein öffentliches Gedenken bereitstellen sollte um an ihn und seine Werte zu erinnern.“ Er und seine MitschülerInnen haben sich, wie das Beispiel zeigt, sehr intensiv mit den verschiedenen Osnabrücker Personen und der ganzen Bandbreite des Widerstands beschäftigt. Ihre Plakate und Podcasts zeigen, dass sich die interessanten und individuellen Geschichten mit Lokalbezug kompakt zusammenfassen und vermitteln lassen, wie das die SchülerInnen der 10c getan haben.
Die Osnabrücker Politik wird sich hoffentlich genau ansehen, was sich die engagierten Bad Iburger SchülerInnen für die Menschen, die sie in ihrer Ausstellung präsentieren, wünschen, und sich damit beschäftigen. Denn genau um diese Altersgruppe geht es in der als Lernort für Demokratiebildung und Auseinandersetzung mit der NS-Zeit gedachten Villa mit dem Unterstrich in Osnabrück, die 2024 eröffnet wurde.
Dort wird großer Aufwand darauf verwandt, eine einzelnen Person zu beleuchten, den Juristen Hans Georg Calmeyer, der die Arbeit in einer Stelle, die der Judenverfolgung diente, 1941 als sein „größtes Weihnachtsgeschenk“ beschrieb. In der Ausstellung in der Villa werden statt der vielen Facetten, die der Widerstand vor Ort hatte, die vielen Facetten der Persönlichkeit eines einzelnen, in seiner Ambivalenz interessanten Mannes beleuchtet, den die Stadt gerne als den Titel „Schindler von Osnabrück“ zur ertragreichen Marke gemacht hätte.

Hans-Georg Calmeyer ordnen die SchülerInnen nicht als Widerstandskämpfer ein, weil er keine öffentliche Kritik äußerte und zudem „stets auch Teil des kriminellen Systems“ war. „Er half Juden durch seine Entscheidungen, ohne dabei offen gegen das System zu agieren.“ Sein Verhalten stufen sie als Verweigerung ein, weil er sich der Rassenpolitik verweigert habe, indem er jüdische Abstammung bei vielen Juden verleugnete und sich „nicht strikt an die Regeln des NS-Verwaltungssystems (hielt)“. Dass er dabei auch persönliche Grenzen überschritten habe, könnte man auch „an den Schuldgefühlen stark erkennen“.
Der niederländische Autor und Historiker Martin Sijes, einer der Kritiker der Benennung der Villa nach Hans Georg Calmeyer, stellte nach Besuch bei der Eröffnung fest, dass es dort noch Entwicklungspotential im wichtigen Kampf für eine starke Demokratie gebe.
Es wäre vielleicht eine gute Idee, einige der Osnabrücker Personen, die die SchülerInnen besonders interessant fanden, in die Villa mit dem Unterstrich zu holen, am besten in Begleitung der jungen Leute und ihrer Expertise. Man könnte ihre hervorragende Vorarbeit für die Vermittlung dieser Geschichten an weitere junge Menschen nutzen, um die es in dem neuen Osnabrücker Lernort bei der Geschichtsvermittlung und der Konzeption von Bildungsprojekten gegen Rechtspopulismus gehen soll.
Aktueller Hinweis: Die Ausstellung in der Gedenkstätte Augustaschacht ist weiter zu sehen.
Die Gedenkstätte verlängert den Ausstellungszeitraum: statt bis Sonntag, den 21. Dezember 2025 können Interessierte die Ausstellung noch bis Sonntag, den 15. Februar 2026 während der Öffnungszeiten der Gedenkstätte Augustaschacht besuchen. Der Eintritt ist frei.
Schüler:innen des Gymnasiums Bad Iburg geben ergänzend zur Ausstellung über das Instagram-Profil „widerstand_in_osnabrueck“ Einblicke in den Widerstand. Das Profil präsentiert über 20 mutige Osnabrücker:innen, die sich während der NS-Zeit gegen die Diktatur auflehnten. Entstanden ist dieses Profil im Rahmen eines digitalen Schülerwettbewerbs der Konrad-Adenauer-Stiftung.
Links zu den Podcasts aus der Ausstellung:
- ( Jenna Lammers: Einleitung 1 ): https://youtu.be/2Muz9eif0H0?si=c40cCwkLa4RyeSnD
- ( Sally Windoffer: Einleitung 2 ): https://youtu.be/YXgJGMsLU7I?si=qGnfh5XM3VR__Ekb
- (Leo Schönberg: Interview mit Heiko Schulze): https://www.youtube.com/watch?v=VVukmkP0rFo
Am 29. Januar 2026 um 18.30 Uhr findet im Museumsquartier ein Vortrag von Heiko Schulze und Martina Sellmeyer, Mitglieder des ILEX-Kreises, statt:
Die „Gruppe Burgdorf“: Widerstand im Osnabrück der NS-Zeit
Josef Burgdorf, Redakteur der Tageszeitung Freie Presse, galt als schärfster publizistischer Gegner der Nationalsozialisten. Mit spitzer Feder agierte er bis Februar 1933 unter dem Pseudonym „ILEX“.
Burgdorf wurde nach der Machtübergabe an die NSDAP zur Führungsperson einer Osnabrücker Untergrundbewegung, die noch aktiv war, als sich andere bereits in KZ oder Zuchthaus befanden.
Das Buch der ILEX-Gruppe zum Widerstand im Osnabrück hat seit seiner Veröffentlichung vor gut zwei Jahren ein deutliches Echo gefunden. Zugleich hat der Band weitere Forschungen in Gang
gesetzt. Die Veranstaltung wird alles im Kontext bisheriger Erkenntnisse beleuchten und Fragestellungen für künftige Arbeitsschwerpunkte und Recherchen aufwerfen.















